Bologna-Prozess:Wie finden Arbeitgeber den Bachelor eigentlich?

Wogegen protestierten die Studenten?

Bildungsstreik

Bildungsstreik - In Dutzenden deutschen Städten besetzten Studenten im Herbst 2009 aus Protest gegen die Bologna-Reform die Hörsäle ihrer Universitäten. 

(Foto: dpa)

In Dutzenden deutschen Städten sind Studenten im Herbst 2009 gegen die Bologna-Reform auf die Straße gegangen. Im Fokus der Kritik stand die "Verschulung" der akademischen Bildung. Zugleich sei die Arbeits- und Prüfungsbelastung im Bachelor zu hoch. Tatsächlich hatten viele Lehrstühle die Inhalte des alten, längeren Studiums in den Bachelor gepresst. Minister und Rektoren versprachen Verbesserungen. Bologna-Beauftragte wurden eingeführt, vielerorts organisierte man Dialog-Projekte, in denen Studenten und Professoren gemeinsam eine Reform der Reform anstießen. Eine Gratwanderung: Werden Inhalte gestrichen, bestärkt dies Kritiker, die das Reform-Modell für ein Schmalspurstudium halten. Ein ungelöstes Problem ist die Finanzierung. Der Bologna-Gedanke sieht verstärkt Arbeit in kleinen Gruppen vor. Die intensivere Betreuung durch Hochschullehrer kostet Geld. Die Grundsatzkritik an Bologna ist heute nicht verstummt - aber deutlich leiser geworden.

Wie finden Arbeitgeber den Bachelor?

Zwar stellen Studien eine marginale Bachelor-Arbeitslosigkeit fest; Firmenumfragen zeigen aber Klagen über die Eignung der Absolventen. Industriebetriebe trauern bisweilen dem alten Diplom nach, das auf der ganzen Welt für deutsche Ingenieurskunst stand. Ärger gibt es oft wegen Hürden für die Zulassung zum Master. Es gab Fälle, in denen nicht mal gute Bachelor-Noten reichten. Der Andrang aber ist ungebrochen, weniger als ein Fünftel aller deutschen Uni-Bachelor-Studenten nimmt laut Umfragen mit dem ersten Abschluss vorlieb.

Wie steht es um die Mobilität?

Eine weitere Baustelle. Einerseits klagen viele Studenten über Schwierigkeiten, ein oder zwei Semester im Ausland in den Stundenplan zu integrieren. Ein weiteres Problem ist andererseits die fehlende Anerkennung im Ausland erbrachter Leistungen. Auf dem Papier gibt es die Voraussetzungen für Vergleichbarkeit: das ECTS-System. Das Problem liegt aber in den Köpfen vieler Professoren. Nach wie vor gibt es eine Art Standesdünkel, wonach die eigene Studienordnung die einzig wahre ist. Und die Wissenschaft hat Angst um die Qualität.

Wie geht es weiter mit der Reform?

Kritik zielt oft auf die Studienbedingungen ab. Mit mehr Geld für die Hochschulen würde auch die Umsetzung der Bologna-Reform besser gelingen. Dabei ist Deutschland mit einem weitgehend stagnierenden Budget noch gut aufgestellt: In anderen EU-Ländern werden die Ausgaben für akademische Bildung wegen der Euro-Krise drastisch zurückgefahren. Was in Deutschland fehlt, ist der ehrliche Umgang mit den Früchten der Reform. Ein 22-jähriger Akademiker - jahrelang hat die Wirtschaft davon geträumt. Dass ein kürzeres Studium weniger Wissen und Persönlichkeitsbildung ermöglicht, wird vielen erst jetzt schmerzhaft klar.

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