Schulen:Ukrainische Schüler sollen in Regelklassen

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Grundschüler aus der Ukraine sitzen in einem Klassenzimmer. (Foto: Robert Michael/dpa/Archivbild)

Die Schulen in Sachsen-Anhalt haben Tausende ukrainische Mädchen und Jungen aufgenommen in den vergangenen Monaten. Ankunftsklassen wurden eingerichtet, knapp 200 ukrainische Lehrerinnen eingestellt. Damit soll demnächst Schluss sein.

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Magdeburg (dpa/sa) - Knapp ein Jahr nach dem Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine besuchen rund 5700 geflüchtete ukrainische Jungen und Mädchen die Schulen in Sachsen-Anhalt. Schrittweise sollen alle in den deutschen Regelklassen und nicht mehr in Ankunftsklassen mit ukrainischen Lehrerinnen unterrichtet werden, wie das Bildungsministerium mitteilte.

Aktuell seien 192 ukrainische Lehrkräfte und 63 Fachkräfte für Deutsch als Zielsprache im Dienst. „Diese Lehrkräfte haben alle einen bis Schuljahresende befristeten Arbeitsvertrag. Sie scheiden nach aktuellem Stand planmäßig spätestens am 31. Juli 2023 aus“, erklärte das Ministerium auf Nachfrage.

Bildungsministerin Eva Feußner (CDU) hatte Ende Januar einen Brief an die Eltern der ukrainischen Kinder geschrieben und die Bedeutung des Erlernens der deutschen Sprache hervorgehoben. „Wesentliche Voraussetzungen für den angestrebten Schulerfolg ist das Erlernen der deutschen Sprache, die Motivation sich in den deutschen Schulalltag einzufügen und diesen Lebensabschnitt als Lernchance zu begreifen.“ Eine reguläre Versetzung in die nächste Jahrgangsstufe sei nur mit den dafür erforderlichen Kenntnissen der deutschen Sprache möglich, heißt es in dem Schreiben weiter.

„Wir sind deshalb sehr darum bemüht, die schulischen Angebote zur Sprachförderung weiter auszubauen, mehr unterschiedliche Angebote zu unterbreiten und bitten Sie, alle zusätzlichen Möglichkeiten zur Unterstützung Ihrer Kinder, die deutsche Sprache zu lernen, zu nutzen.“ Regelmäßige Besucher zusätzlicher Schulveranstaltungen, die aktive Beteiligung an Freizeit-, Kultur- und Sportangeboten unterstützten die Integration.

Die rund 5700 ukrainischen Schülerinnen und Schüler lernen an allen Schulformen: rund 2200 an den Grundschulen, etwa 1600 an Sekundar- und Gemeinschaftsschulen, knapp 1300 an Gymnasien. An den Förderschulen sind es 55, an den Gesamtschulen und Sportschulen Halle rund 270 Schüler. An den berufsbildenden Schulen lernen rund 320 Ukrainer.

„Innerhalb kürzester Zeit eine so große Anzahl an zusätzlichen Kindern und Jugendlichen in unserem Schulsystem aufzunehmen, hat uns vor große Herausforderungen gestellt“, sagte die Bildungsministerin. „Umso erfreulicher ist es, dass dies so gut funktioniert hat. Ich bin allen an Schule Beteiligten ausgesprochen dankbar für die große Solidarität und Offenheit, die den ukrainischen Geflüchteten entgegengebracht wurde und wird.“

Die Integration der ukrainischen Schülerinnen und Schüler ist aus Sicht der Vorsitzenden des Grundschulverbandes, Thekla Mayerhofer, sehr unterschiedlich vorangeschritten. Als vor einem bis einem dreiviertel Jahr viele ukrainische Kinder und Jugendliche kamen, habe man sie an einigen Schulen in so viele verschiedene Klassen wie möglich aufgeteilt. In anderen habe es die räumlichen Voraussetzungen gegeben, um mit ukrainischen Lehrkräften separaten jahrgangsübergreifenden Unterricht anzubieten - die Ankunftsklassen. Teils habe es auch extra Hortgruppen für ukrainische Kinder gegeben.

Entsprechend unterschiedlich seien die Sprachkenntnisse. Mayerhofer sagte, manche sprächen so toll Deutsch, dass man nicht glauben könne, dass sie erst ein Jahr hier seien. Andere lebten eher eingeigelt. Insgesamt, so sagte Mayerhofer, brächten sich die ukrainischen Familien bei Schulfesten und auch sonst sehr ein. Es sei zu hören, dass viele schon viel länger hier seien, als sie bleiben wollten. Die Perspektive fehle vielfach, angesichts des andauernden Krieges.

Auch Bildungsministerin Feußner betonte an ihrem Elternbrief: „Es ist uns bewusst, dass Ihre aktuelle Lebenssituation von großer Unsicherheit geprägt ist. Auch das Gefühl, sich emotional und teilweise auch schulisch zwischen zwei Systemen zu befinden, ist sicherlich nur unter großen Anstrengungen möglich.“ Es komme jetzt darauf an, dass die Schüler aus der Ukraine ihre Schullaufbahn auch im Schuljahr 2023/24 erfolgreich fortsetzen oder erfolgreich abschließen können.

Laut dem Landesschulamt werden ukrainische Kinder und Jugendliche, die eine Ankunftsklasse besuchen, dort nicht benotet. Der Besuch werde aber vergleichbar mit Zeugnissen dokumentiert. Das Ziel der Ankunftsklassen sei, dass die ukrainischen Kinder und Jugendlichen in die Regelklassen wechseln können. Der individuelle Lernstand werde dazu betrachtet. Und der Wechsel geschehe an vielen Schulen bereits. Eine landesweite Erhebung, wie viele Ankunftsklassen mit wie vielen Schülern es aktuell gibt, liegt laut Ministerium nicht vor.

Aus dem Landesschulamt hieß es weiter: „Lernen ukrainische Kinder und Jugendliche in den Regelklassen, werden sie dort auch regulär benotet.“ In begründeten Fällen könne die Benotung aufgrund nicht ausreichender Deutschkenntnisse ausgesetzt werden. Das sei in den ersten beiden Schuljahren möglich. Für Abschlussklassen gelten nochmal eigene Regeln.

Ein Sprecher des Landesschulamts betonte: „Ukrainische Kinder und Jugendliche sollen perspektivisch nicht nur wie ihre deutschen Mitschüler benotet werden, sondern vor allem genauso wie alle anderen Kinder und Jugendlichen mit Fluchthintergrund. Eigene Standards sind nicht gewollt. Das gebietet bei allem nachvollziehbaren Entgegenkommen die Fairness.“

Den befristet eingestellten ukrainischen Pädagoginnen und Pädagogen, die langfristig in Deutschland bleiben wollen, können laut dem Bildungsministerium die regulären Anerkennungswege für ihre ukrainischen Abschlüsse nutzen. Sie müssten ebenfalls die zwingend benötigten deutschen Sprachkenntnisse nachweisen.

© dpa-infocom, dpa:230219-99-652632/2

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