Kiel (dpa/lno) - Schleswig-Holstein will die Lehrkräfte im Land flexibler einsetzen. So sollen für das Gymnasium ausgebildete Pädagogen künftig nicht nur befristet in Grundschulen arbeiten dürfen, sondern dauerhaft, wie Bildungsministerin Karin Prien (CDU) am Mittwoch in Kiel sagte. Dies werde mit Fortbildungsmaßnahmen verbunden, da für den Umgang mit den jüngsten Schülern auch andere Fertigkeiten erforderlich seien.
Prien wies darauf hin, das das Eintrittsalter in die Grundschule um vier Jahre differieren kann. „Das ist ein wichtiger Durchbruch“, sagte die Ministerin zu der geplanten Entfristung. Vorgesehen sei dies auch für Gemeinschaftsschulen.
Die Ministerin brachte auch eine andere Möglichkeit ins Spiel: In Nordrhein-Westfalen sei ein Modell erfolgreich, bei dem Lehrkräften, die sich für einen bestimmten Zeitraum zur Arbeit in einer sogenannten Mangelregion verpflichten, danach ein Einsatz in ihrer Wunschregion garantiert wird. Nun wolle man im Norden schauen, ob das Modell auch hier angewendet werden könne. Als Mangelregionen gelten zum Beispiel Dithmarschen und Herzogtum Lauenburg.
Maßnahmen zur Erhöhung des Studienerfolgs, Weiterbildung und Flexibilisierung nannte Prien als Schlüssel für eine bessere Lehrerversorgung. Um den Studienerfolg in Mathematik zu steigern und die Studienabbrüche zu verringern, wurde ein Konzept zur Einrichtung eines Lernzentrums für dieses Fach an der Kieler Uni entwickelt. In Mathematik und Informatik ist die Abbrecherquote speziell im ersten Studienjahr besonders hoch. Sie beträgt teilweise bis zu 70 Prozent.
Manche Lehramtsstudenten entscheiden sich auch für das falsche Fach oder die falsche Schulart, wie Prien sagte. Die Gewinnung von Lehrkräften sei eine der großen nationalen und sogar internationalen Herausforderungen im Bildungsbereich. Das Spektrum reiche von der Berufsorientierung bei den Schülerinnen und Schülern und betreffe alle Phasen der Lehrerbildung: Studium, Vorbereitungsdienst für Lehrkräfte und Weiterbildung nach der Einstellung in den Schuldienst.
Erforderlich sei mehr Flexibilität bei den Zugangswegen in die verschiedenen Lehrämter, sagte Prien. Im Herbst werde es zwei Regionalkonferenzen geben, um explizit die Lehramtsstudierenden zu Wort kommen zu lassen.
Im Übrigen seien Erfolge sichtbar, sagte Prien. So sei die Zahl der Studienanfänger in den Lehramtsstudiengängen binnen zehn Jahren von 1341 auf 1737 (2022/23) gestiegen und die der Studierenden insgesamt von 4184 auf 7307. Die Absolventenzahl im Lehramt Sonderpädagogik wuchs von 69 im Jahr 2021 auf 122 im Jahr darauf. Das erste Mal seit fünf Jahren gebe es für das kommende Schuljahr ausreichend Bewerbungen für das Referendariat an Grundschulen (153), und auch an Gemeinschaftsschulen einen signifikanten Anstieg auf 84. Zum Beginn des neuen Schuljahres würden an Grund- und Gemeinschaftsschulen keine Wuer- und Seiteneinsteiger gebraucht, sagte Prien. „Das eine wirklich extrem erfreuliche Entwicklung.“
Im Vergleich Vor-Pandemie-Zeit ist die Zahl der Studienanfänger im Norden um etwa 5 Prozent gesunken, im Bundesschnitt dagegen um 9,5 Prozent. Intensiviert wurde im Norden die Weiterbildung, an der sich seit dem Schuljahr 2018/19 insgesamt 1235 Lehrkräften in unterschiedlichen Mangelfächern beteiligten. Bei der Übernahme von Umzugskosten sollen großzügigere Einzelfallprüfungen zugelassen werden. Beachtlich war die Resonanz auf den Appell an Lehrkräfte in Teilzeit, ihr Deputat aufzustocken. Zu 410 Pädagogen, die das bereits gemacht haben, kamen jetzt noch einmal 73 hinzu.
Prien betonte die Schwierigkeiten bei der Bedarfsplanung von Lehrkräften: So werde die Schülerzahl an Grundschulen bis 2027/28 steigen, danach aber sinken. „Das ist wirklich eine komplexe Steuerungsaufgabe“, sagte sie. In Schleswig-Holstein arbeiten an rund 800 Schulen etwa 28.000 Lehrerinnen und Lehrer.
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