Befristete Verträge an Hochschulen:Nachwuchs-Wissenschaftler forschen und lehren sich ins Abseits

Zehntausende Uni-Mitarbeiter hangeln sich von Ein-Jahres-Vertrag zu Ein-Jahres-Vertrag. Daran wird auch das Urteil des Bundesarbeitsgerichts nichts ändern.

Kommentar von Roland Preuß

Es ist ein Fall, der die Misere gut veranschaulicht: Da forscht und lehrt eine Wissenschaftlerin 22 lange Jahre an der selben Universität mit einem befristeten Vertrag nach dem anderen - und kann sich trotzdem kaum Hoffnung auf eine Festanstellung machen. So hat es nun das Bundesarbeitsgericht entschieden. Solche Kettenverträge sind oft illegal, doch wenn die Hochschule eine raffinierte Begründung dafür liefert, dann funktionieren sie eben doch.

An den deutschen Hochschulen gibt es Zehntausende Existenzen, die sich von Zeitvertrag zu Zeitvertrag zittern, mehr als die Hälfte der Nachwuchswissenschaftler hat nur Ein-Jahres-Verträge. Das mag in Ordnung sein, wenn es nur darum geht, eine Doktorarbeit oder ein Forschungsprojekt fertigzustellen oder die Zeit bis zur ersten Festanstellung zu überbrücken. Doch in der Praxis produzieren die Unis damit immer mehr Forscher, die nach zehn oder 15 Jahren in Zeitverträgen vor dem Nichts stehen, weil es dann für eine Karriere in der Wirtschaft oft zu spät ist. Diese Nachwuchswissenschaftler forschen und lehren sich ins Abseits. Daran wird auch das Urteil jetzt nichts ändern.

Zugegeben, Bund und Länder haben die Regeln für Zeitverträge in der Wissenschaft jüngst verschärft, sie wollen bis 2027 gut 1000 zusätzlich Stellen für angehende Professoren schaffen. Nötig wäre ein Vielfaches. Nur so ließe sich der Trend umkehren, unter dem die Hochschulen leiden: dass immer mehr Prekariatswissenschaftler immer mehr Aufgaben übernehmen.

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