Schule:2018 soll ein Jahr "grundlegender Weichenstellungen" werden

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Alle Beteiligten ahnen, dass sich bis zur Wahl 2021 nicht korrigieren lässt, was über Jahrzehnte schiefgelaufen ist. Baden-Württemberg hat von allen deutschen Bundesländern die höchste Zuwanderungsrate. Die CDU-geführten Regierungen haben es versäumt, unterschiedliche Startchancen der Kinder durch gezielte Förderung in Vorschulalter und Grundschule auszugleichen. Und sie haben dem Sterben der Hauptschulen auf dem Land tatenlos zugesehen.

Die grün-rote Koalition reagierte 2011, indem sie die frühkindliche Bildung stärkte und Gemeinschaftsschulen einführte. Nach anfänglichem Chaos kehrte rund um die neue Schulart etwas Ruhe ein, als Stoch das Ministeramt übernahm. Aber die Einführung kostete viel Geld, Zeit, Energie. Es entbrannten die alten ideologischen Debatten: Wollten die Grünen und die Roten Leistungsunterschiede einebnen, gar das Gymnasium abschaffen?

Ministerin Eisenmann hat ein Ende der Strukturdebatten verkündet. Sie sieht 2018 als Jahr "grundlegender Weichenstellungen". Es gibt mehr Lernzeit für Deutsch und Mathematik an den Grundschulen. Die Methode "Schreiben nach Gehör" wurde abgeschafft, ein "Rechtschreibrahmen" für die Klassen 1 bis 10 wird entwickelt. Die Realschulen erhalten mehr Poolstunden, um die heterogene Schülerschaft intensiver fördern zu können. Das Ministerium arbeitet an einem Konzept, das die Rolle der Schulleiter stärken soll. Sie sollen mehr Geld bekommen und sich stärker auf den Schulbetrieb konzentrieren können. Vorbereitet wird die Gründung eines Zentrums für Schulqualität und Lehrerbildung sowie eines Instituts für Bildungsanalysen. Das Ziel: Leistung und Qualität, wissenschaftliche Objektivität statt Ideologie. Eisenmann hat sich Anregungen in Hamburg und Schleswig-Holstein geholt; das hätte noch vor einiger Zeit dem baden-württembergischen Selbstverständnis widersprochen.

In der Suche nach Auswegen aus der Bildungsmisere spielt eine Rückkehr zum G 9 kaum eine Rolle, obwohl es dazu einen Modellversuch an 44 Gymnasien gibt. Im Südwesten existiert ohnehin der neunjährige Weg zum Abitur an beruflichen Gymnasien. Diesen Weg gibt es theoretisch auch an den Gemeinschaftsschulen, doch diese Schulart ist weiter heftig umstritten. Gemeinschaftsschüler wurden in den Vergleichstests noch gar nicht geprüft.

Stoch leugnet nicht, dass manche pädagogischen Konzepte nicht richtig funktionieren. Aber CDU, FDP und AfD würden derart hartnäckig gegen die Gemeinschaftsschule trommeln, dass sich unter den Eltern Verunsicherung breitmache. Die Zugangszahlen jedenfalls sinken. Andreas Stoch sagt, er sei gespannt, wann die Grünen, die alten Partner der SPD in Sachen Bildungsgerechtigkeit, der CDU endlich Widerstand leisten.

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