Anstehende Bundestagswahl:Wie Schüler für Politik begeistert werden sollen

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Besuchertribüne im Bundestag: Viele junge Leute fühlen sich in der repräsentativen Demokratie nicht repräsentiert. (Foto: Miguel Villagran/dpa)

Nur die Hälfte der Unter-Dreißigjährigen wusste bei einer Umfrage kürzlich, dass im September gewählt wird. Um das Politik-Wissen von Schülern zu verbessern, gibt es bundesweit die "Juniorwahl". Das Projekt ist erfolgreich - doch es fehlt an Geldern.

Von Paul Munzinger

Nach jeder Wahl kommt sie, die Ernüchterung. Die Beteiligung sinkt seit der Bundestagswahl 1998 stetig, fast jeder Dritte blieb 2009 zu Hause. Und wie immer am Ende der Statistik: die Jungwähler. Einer aktuellen Forsa-Umfrage zufolge weiß mehr als die Hälfte der unter 30-Jährigen nicht mal, dass bald gewählt wird.

Allerdings sagt Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung: "Die jungen Leute sind alles andere als politikverdrossen. Sie sind engagiert und interessiert. Doch sie finden immer weniger Anknüpfungspunkte im politischen Betrieb." Die Themen, die ihnen wichtig sind, fänden in den Parteien zu wenig oder zu spät statt. Etwa das Urheberrecht, mit dem jeder Internetnutzer ständig konfrontiert sei. "In der Politik war es lange ein reines Expertenthema." Viele junge Leute fühlten sich in der repräsentativen Demokratie nicht repräsentiert; und seien schlecht informiert. Dagegen jedoch lässt sich was unternehmen.

Am meisten über Politik lernen Jugendliche nach wie vor in der Schule, auch hier sieht Krüger einen fatalen Trend. Die Priorität im Unterricht liege seit der Pisa-Studie auf den Naturwissenschaften - auf Kosten von Politik, Geschichte und Sozialkunde. Die Bundeszentrale und andere Akteure springen in die Bresche. Krügers Haus hat eine Image-Kampagne fürs Wählen lanciert, berlinernd meldet sich da etwa der Komiker Mario Barth zu Wort: "Bei mir zu Hause isset oft meine Freundin, die entscheidet, aber es ist 'ne schöne Sache, bei den Wahlen darfste selber entscheiden."

Junge Leute "da abholen, wo sie stehen"

Um dem Nichtwählertrend entgegenzuwirken, brauche es Formen der Information und Mobilisierung, die die jungen Leute "da abholen, wo sie stehen", sagt Krüger.

Gemeint sind damit Projekte wie die "Juniorwahl". Parallel zu Europa-, Bundes- und Landtagswahlen findet sie an Schulen bundesweit statt. Die Schüler besprechen etwa Programme und Kandidaten, am Ende folgt dann keine Prüfung, sondern: die Wahl. Mit Wahlbenachrichtigung, Kabine, Verzeichnis. Demokratie zum Anfassen.

"Das Wichtigste", sagt Gerald Wolff, "ist, dass sich Schüler ernst genommen fühlen und ernst genommen werden." Wolff sitzt im Vorstand des Berliner Vereins Kumulus, der die Juniorwahl 1999 erdacht hat. Drei Schulen machten damals mit, 2013 sind es mehr als 2000. Gefördert wird das Projekt aus öffentlichen Mitteln, doch für knapp 600 Schulen fehlt die Finanzierung noch, neue Interessenten wurden abgewiesen. Wolff sucht nun nach "Aktionären", die mit 250 Euro - für die Materialkosten - einer Schule das Projekt sponsern. Eine "Investition in die Demokratie", sagt er.

Ziel sei es, "dass aus der Schule Wähler entlassen werden und keine Nichtwähler, die sich der Politik entziehen." Das Konzept scheint aufzugehen. 2011 durften bei der Bremer Bürgerschaftswahl erstmals 16-Jährige wählen. An allen Schulen in Bremen gab es begleitend die Juniorwahl. Das Ergebnis: Die allgemeine Wahlbeteiligung sank, die der Erstwähler aber stieg. "Wir haben den Trend umgekehrt", meint Wolff.

Wenn am 22. September um 18 Uhr die erste Prognose im Fernsehen läuft, wird auch das Junior-Ergebnis veröffentlicht. 2009 lagen Union und SPD mit je 20 Prozent gleichauf. Vorne waren die Grünen (21 Prozent), die Piratenpartei schaffte es auf zwölf. Und mit drei Prozent vertreten: die Tierschutzpartei. Wohl auch so ein vernachlässigtes Thema.

© SZ vom 26.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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