Würzburg:Störung der Totenruhe

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Friedhofsmitarbeiter soll Zahngold widerrechtlich entnommen haben

Von Olaf Przybilla, Würzburg

Die Würzburger Polizei ermittelt gegen einen Mitarbeiter der Friedhofsverwaltung wegen des Verdachts einer Störung der Totenruhe. Ihm wird vorgeworfen, auf dem Würzburger Hauptfriedhof seit September 2019 in mindestens 20 Fällen Zahngold von Toten widerrechtlich entnommen und für sich behalten zu haben. Nach einem Durchsuchungsbeschluss hatten Beamte in der Wohnung des Beschuldigten knapp 30 Gramm Gold sichergestellt. Der Würzburger Fall erinnert an zwei ähnlich gelagerte Fälle in Hof und Nürnberg, die großes, zum Teil internationales Aufsehen ausgelöst hatten.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft zählten das Ausheben und Auflösen von Gräbern sowie Umbetten von Toten zu den Aufgaben des Tatverdächtigen. Als die Vorgesetzten des Mannes aufgrund eines Hinweises Verdacht schöpften, erstatteten sie Anzeige; zwei Tage vor Heiligabend wurden Ermittler bei einer Durchsuchung fündig. Sie stellten einen Ring und insgesamt elf Teile Zahngold sicher. Die Gegenstände stammen offenbar von Verstorbenen, die vor langer Zeit begraben worden sind. Die Zuordnung des sichergestellten Goldes habe sich deshalb schwierig gestaltet, erklärte Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach. Der Beschuldigte räumte Ermittlern gegenüber zumindest ein, Gold von einem Toten entnommen zu haben, um es seinen Freunden zu zeigen. Man ermittle vorläufig wegen Störung der Totenruhe, ziehe aber sämtliche in Frage kommenden Straftatbestände in Betracht, sagte Seebach.

2006 war bekannt geworden, dass Mitarbeiter eines Nürnberger Krematoriums über Jahre hinweg das bei Einäscherungen übrig gebliebene Zahngold an sich genommen und weiterverkauft hatten. Einer technischen Fehleinschätzung wegen war der Stadt dies über Jahre unbekannt geblieben. Zuvor war ein ähnlicher Fall in Hof bekannt geworden. Juristisch waren beide Fälle komplex, insgesamt fünf Gerichte kamen zu fünf unterschiedlichen Auffassungen. Für den Fall in Hof sah das OLG Bamberg am Ende eine Störung der Totenruhe als erwiesen an, im Nürnberger Fall entschied das OLG Nürnberg auf einen Verwahrungsbruch.

© SZ vom 30.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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