Wertvolle Fundstücke:Paradies für Schatzsucher

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In Bayern sind archäologische Fundstücke nicht automatisch Eigentum des Staates. SPD und Grüne befürchten den Verlust von Kulturgut - und fordern eine andere gesetzliche Regelung.

Katja Auer und Hans Kratzer

Am Ende regt sich die Grünen-Abgeordnete Ulrike Gote noch mal richtig auf. Im Namen aller Bayern. "Das Interesse der Bevölkerung ist, dass das Kulturgut im Land bleibt", sagt sie. Sagt sie recht laut. Der Ausschuss für Hochschule, Forschung und Kultur tagt im Landtag, und es geht um Schatzsuche. Eigentlich geht es um die Denkmalpflege und dabei um das vielfach diskutierte Problem der Raubgräberei.

Paradoxe Regelung: In Bayern ist es verboten, nach Schätzen zu graben. Wer trotzdem sucht, darf nach Landrecht aber die Hälfte des Fundes behalten. (Foto: Stephan Rumpf)

Immer wieder machen sich Schatzsucher auf den Weg, oft mit Metallsonden ausgerüstet, um im Boden nach verborgenen Reichtümern zu suchen. Münzen finden sie da, Schmuckstücke, Waffen. Oft ist es nicht viel wert, was sie finden, aber es gibt auch Ausnahmen: Funde wie der 1988 entdeckte, spektakuläre Künzinger Römerschatz bringen einem Sondengeher schon einmal 50.000 Euro und mehr ein. Denn die Hälfte des Fundes gehört dem Schatzsucher - auch wenn er eigentlich gar nicht danach graben darf. Die andere Hälfte steht dem Eigentümer des Grundstücks zu. Der Freistaat hat gar nichts von den vergrabenen Schätzen. Außer, er kauft die Funde auf, damit sie nicht in privaten Sammlungen verschwinden. Sondern als Kulturgut im Land bleiben, wie es Gote am Dienstag formuliert.

Es fehlt eine einheitliche Regelung in Deutschland. Bis auf Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hessen haben alle Bundesländer ein sogenanntes Schatzregal in ihren Denkmalschutzgesetzen festgeschrieben, wonach ein zufällig ausgegrabener Fund dem Staat überlassen werden muss. Das geht auf den Sachsenspiegel zurück, ein Rechtsbuch des Mittelalters. "Jeder Schatz, der tiefer in der Erde vergraben ist als ein Pflug geht, gehört in die Verfügungsgewalt des Königs", heißt es dort. In Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hessen gilt dagegen die Hadrianische Teilung, die auf römisches Recht zurückgeht und im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 984 BGB) festgeschrieben ist. Halbe-halbe für den Finder und den Eigentümer des Grundstücks heißt es dann. Es soll inzwischen immer mehr Raubgräber geben, die ihre Funde absichtlich nach Bayern schaffen und dann behaupten, sie hier gefunden zu haben.

Die SPD im Landtag versucht seit beinahe 20 Jahren, das Denkmalgesetz von 1973 entsprechend zu ändern - und stößt immer auf den Widerstand der CSU. "Normalerweise ist die Lerngeschwindigkeit der CSU nicht so langsam wie in diesem Punkt", sagte Gote am Dienstag. Inzwischen hat eine Arbeitsgruppe aus Denkmalschützern, Abgeordneten, Staatsregierung und Kommunen den Handlungsbedarf schriftlich dokumentiert. Im Abschlussbericht des Modellversuchs Denkmalpflege, in dem es in den vergangenen vier Jahren darum ging, Verfahren zu beschleunigen und die Akzeptanz des Denkmalschutzes zu erhöhen, weisen sie auf die Notwendigkeit einer Regelung hin. Dass eine solche fehlt, "begünstigt die gewerbsmäßige Plünderung und Zerstörung von Bodendenkmälern durch Raubgräbertourismus", heißt es darin. Metallsonden, so schlägt die Arbeitsgruppe vor, sollten nur mit spezieller Erlaubnis verwendet werden dürfen.

SPD plädiert für staatliches ''Schatzregal''

Die SPD sprach sich am Dienstag erneut für ein Schatzregal aus. "Mittlerweile kommt es vor, dass sich Japaner ganze Steinbrüche kaufen, um sich die Kulturgüter zu sichern", sagte die SPD-Abgeordnete Christa Naaß. Aber CSU und FDP konnte sie nicht überzeugen. Vor allem die Liberalen fürchten um die Verletzung von Eigentumsrechten. Ein merkwürdiger Begriff von Eigentum sei das, konterte Gote, "wenn jemand etwas findet und behalten darf, was diesem Volk als Kulturgut gehört".

Ein reines Schatzregal werde keine Akzeptanz in der Bevölkerung finden, sagte Ausschusschef Bernd Sibler (CSU). Auch die CSU werde einem massiven Eingriff in die Eigentumsrechte nicht zustimmen. Eine Regelung müsse es zwar geben, aber nicht zwingend ein Schatzregal. Die Freien Wähler sprachen sich dafür aus, den Eigentümern angemessene Entschädigungen zu bezahlen. Beschlossen wurde dann nicht viel, einen Bericht soll es in einem halben Jahr geben. Und eine Arbeitsgruppe im Ministerium.

© SZ vom 12.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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