Wegen Betrugsverdachts:Erste Insolvenz bei Samariterbund

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Es drohen Rückforderungen der Kassen von fünf Millionen Euro

Von Dietrich Mittler, München

Nachdem sich der Betrugsverdacht zu Lasten der Krankenkassen verbandsintern erhärtet hat, richtet sich der Landesverband des Arbeiter-Samariter-Bundes in Bayern (ASB) jetzt unter Hochdruck darauf ein, Geld für drohende Rückzahlungsforderungen zusammen zu bringen. Wie vom ASB beauftragte Wirtschaftsprüfer im Sommer bestätigt hatten, wurden in den Jahren von 2009 bis 2016 mutmaßlich durch manipulierte Kostenabrechnungen von den Kassen viel zu hohe Geldbeträge eingefordert. Circa fünf Millionen Euro, wie der ASB-Landesvorsitzende Hans-Ulrich Pfaffmann am Montag bestätigte. "Wir sind gerade dabei, unter Berücksichtigung drohender Rückzahlungsforderungen einen Finanzplan aufzustellen", sagte Pfaffmann. Gegen zwei langjährige ASB-Mitarbeiter, darunter der frühere Geschäftsführer des Landesverbands, ermittelt die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth wegen des Verdachts auf "Betrug in einem besonders schweren Fall". Diese Ermittlungen dauern noch an.

Vor Monaten schon hatte ein Sprecher der AOK Bayern klargestellt, dass die Kassen sogar gesetzlich dazu verpflichtet sind, "nicht sachgemäß verwendete Beitragsgelder zurückzufordern". "Wir hoffen, dass wir das nicht alles auf einen Schlag zurückzahlen müssen. Dann würde es schwierig", betonte Pfaffmann. Er plädiere dafür, dass ein Rückzahlungsplan ausgehandelt werde. Und womöglich könnten in diese Verhandlungen ja auch Vertreter des Innenministeriums - zuständig für den Rettungsdienst in Bayern - mit eingebunden werden. "Es ist doch sicher im Interesse aller, dass der ASB-Landesverband so erhalten bleibt", sagte Pfaffmann.

In den einzelnen regionalen Gliederungen des ASB ist die Unruhe groß. Einige treibt die Sorge um, schuldlos mit in einen Strudel gezogen zu werden. Ende September sollte der Abschlussbericht der Wirtschaftsprüfer von Rödl & Partner vorliegen, der auch Erkenntnisse über jenen Betrag liefern dürfte, der im schlimmsten Fall zurückgezahlt werden muss. Pfaffmann indes geht davon aus, dass der Bericht erst in vier Wochen fertig ist.

Vielen ist bereits klar, dass Einschnitte bevorstehen - etwa bei sozialen Projekten, die der Landesverband unterstützt hat. Hans-Ulrich Pfaffmann lässt keine falschen Hoffnungen aufkommen. "Wir werden sämtliche Zahlungen, die wir vermeiden können, einstellen", betonte er.

Für den ASB-Regionalverband Erlangen-Höchstadt hatte die dramatische Entwicklung der letzten Monate bereits Folgen: Dieser musste jetzt einen Insolvenzantrag stellen. Grund: "Bisher hatte der Landesverband die Liquidität des Regionalverbandes mit Hilfe von Darlehen sichergestellt", wie der vorläufig eingesetzte Insolvenzverwalter, Rechtsanwalt Volker Böhm, erklärte. Pfaffmann wiederum teilte zu den finanziellen Engpässe im Regionalverband mit, sie seien die "durch einen zu großen Verwaltungsapparat" entstanden, "der noch herrührt aus den Integrationsmaßnahmen, als die vielen Flüchtlinge nach Bayern kamen". Zwei Jahre lang hatte der Landesverband Geld zugeschossen, um die Löcher zu stopfen - rund 300 000 Euro. Nun ist der aber nicht mehr in der Lage, weiterhin Mittel in solcher Höhe zu gewähren. "Das ist traurig, sehr bitter - aber wir können nicht anders", sagte Pfaffmann. Er baue aber darauf, "dass wir Erlangen-Höchstadt halten können".

Auch Volker Böhm von der auf Insolvenzverfahren spezialisierten Anwaltssozietät Schultze & Braun beruhigt: "Ziel ist, den ASB-Regionalverband dauerhaft zu erhalten." Dieser habe in der Region "eine wichtige soziale Verantwortung" übernommen. Zunächst einmal gelte es, das operative Geschäft sicherzustellen - und dann erst in einem zweiten Schritt Sanierungsmaßnahmen zu treffen. "Es muss sich also keiner der alten Menschen Sorgen machen, dass niemand mehr kommt, wenn er den Knopf vom ASB-Hausnotruf drückt", sagte Böhm.

© SZ vom 01.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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