Mit dem Urteil gegen den früheren CSU-Fraktionschef Georg Schmid schien die Verwandtenaffäre abgeschlossen zu sein, doch mancher Abgeordneter wird von ihr nun doch wieder schneller eingeholt als gedacht: Am Freitag entschied das Verwaltungsgericht München, dass der Landtag sehr wohl Auskunft darüber geben müsse, für wie viel Geld ein Parlamentarier seine Familienangehörigen beschäftigt hat. Bislang wurden solche Informationen mit dem Hinweis auf Persönlichkeitsrechte verweigert.

Urteil in Augsburg:Warum sich Georg Schmid nicht beklagen darf
Das Urteil gegen Georg Schmid klingt zunächst hart, ist aber bei genauerer Betrachtung eher milde. Er hat ein System zu Lasten der Steuerzahler schamlos ausgenutzt - und das bis zuletzt nicht eingestanden.
Konkret ging es in der Verhandlung um den Fall des früheren Bayreuther Abgeordneten Walter Nadler (CSU), der seine Frau als Sekretärin in seinem Wahlkreisbüro angestellt hatte. Der Nordbayerische Kurier wollte wissen, welche jährliche Bruttovergütung Nadler für die Zeit von 2000 bis zum 30. September 2013 geltend gemacht habe. Nadler hatte für die Wahlen 2013 nicht mehr kandidiert. Als der Nordbayerische Kurier keine Zahlen bekam, zog dessen Chefredakteur vor Gericht. Mit zwei Eilanträgen war er zunächst noch gescheitert, doch in der mündlichen Verhandlung bekam er jetzt recht: Das Gericht gab der Klage statt. Der Freistaat, vertreten durch Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU), müsse die Zahlen offenlegen.
Manche verweigern bis heute jede Auskunft
Von den sechs in die Affäre verstrickten Kabinettsmitgliedern waren die Summen rasch bekannt geworden. Auf Druck von Ministerpräsident Horst Seehofer mussten sie den jeweiligen Betrag für ihre Zeit im Ministerrat zurückzahlen. Andere schwiegen und verweigern bis heute jede Auskunft. Einige von ihnen sind inzwischen aus dem Landtag ausgeschieden, andere haben neue Aufgaben übernommen. Durch den Richterspruch könnten nun auch ihre familiären Beschäftigungsverhältnisse aufgeklärt werden.
Verwandtenaffäre im Bayerischen Landtag:Regierung mit Rechenschwäche
Ein Jahr nach der Verwandtenaffäre steht endlich fest: Mehr als 1,3 Millionen Euro gaben fünf Kabinettsmitglieder für die Beschäftigung ihrer Ehefrauen aus. Unter ihnen ist auch einer von Seehofers Superministern.
Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht. Nach der schriftlichen Begründung in einigen Wochen können die Beteiligten Berufung einlegen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung könne es "durchaus sinnvoll sein, sich mit dieser Fragestellung an den Verwaltungsgerichtshof zu wenden", teilte das Landtagsamt mit.