Verwaltung im Internet:Digitalisierung ist ein Fremdwort

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Laut einer aktuellen Studie haben Ämter und Behörden sehr unterschiedliche und nicht immer die richtigen Vorstellungen, was E-Government bedeutet

Von Maximilian Gerl, München

Behördengang, das verbinden viele Bürger mit Schlangen vor den Schaltern, Diskussionen mit Beamten, Formulare in siebenfacher Ausfertigung. Dabei soll alles einfacher werden, manches ist es schon geworden. Einige Verwaltungsakte lassen sich inzwischen digital erledigen. Statt aufs Amt geht es dafür ins Internet, das spart allen Beteiligten Zeit. Um das voranzutreiben, setzte das Finanz- und Heimatministerium 2014 unter dem Schlagwort "Montgelas 3.0" eine eigene E-Government-Strategie auf. Das Problem: Einer aktuellen Studie zufolge ist davon bei Bayerns Behörden wenig angekommen.

An diesem Mittwoch wird die Umfrage "Montgelas 4.0 - Bayern auf dem Weg zu einem modernen E-Government" im Landtag im Rahmen einer Tagung vorgestellt. Anders als der Titel vermuten lässt, ist es aber mit der Modernität so eine Sache. Laut Studie hätten die Behörden ganz unterschiedliche Vorstellungen davon, was Digitalisierung der Verwaltung eigentlich bedeute. 57 Prozent der befragten Beamten brachten den Begriff mit dem Breitbandausbau in Verbindung. 15 Prozent sahen darin eine Sache des "Zeitgeists" oder "Modeerscheinung". Immerhin: Fast 80 Prozent verbanden die Digitalisierung außerdem mit der "Vom Blatt zum Byte"-Strategie des Finanz- und Heimatministeriums.

Der Passauer Politikwissenschaftler Florian Hartleb hat die Studie im Auftrag des IT-Konzerns Adobe durchgeführt. Um geeignete Ansprechpartner zu finden, rief er in Rathäusern, Landratsämtern, Rechenzentren und anderen Behörden an. Mit seinem Anliegen traf er dort immer wieder auf Ahnungslosigkeit. "Da kam schon mal als Antwort: Das macht unsere IT-Abteilung", sagt Hartleb. Dabei habe eine IT-Abteilung mit der Digitalisierung von Verwaltungsakten wenig zu tun.

Insgesamt befragte Hartleb 71 Beamte. Klingt nach wenig, stelle aber einen repräsentativen Querschnitt dar, heißt es in der Studie. Die Umfrage erschwerte, dass viele Beamte einen Rüffel von oben fürchteten; Hartleb sicherte daher Anonymität zu.

Interessanterweise hatten die Behördenvertreter zwar unterschiedliche Ansichten darüber, was Digitalisierung bedeutet - fast alle waren sich aber einig, dass sie etwas Positives sei. Als eine der größten Herausforderungen wurde die Stärkung der eigenen IT-Sicherheit (31 Prozent) genannt. Den größten Ausbaubedarf sehen rund 40 Prozent der Befragten bei der Optimierung der bestehenden digitalen Prozesse. 64 Prozent waren zudem der Meinung, dass sich die Verwaltung stärker an erfolgreichen Diensten aus der Privatwirtschaft orientieren solle. Lernen von der Industrie also.

"Noch ist die Vernetzung innerhalb und über die Behörden hinaus nicht da", sagt Hartleb. Auch die strengen Richtlinien des Datenschutzes erschwerten es, Vorschriften entsprechend anzupassen. Und es fehlten Leitfiguren, "die klar sagen: Wohin wollen wir". Auf der Tagung, dem "9. Bayerischen Anwenderforum E-Government", will Hartleb mehrere Verbesserungsmaßnahmen unterbreiten. Unter anderem sollten Politik und Verwaltung die Position eines Chief Digital Officer schaffen, der die Verantwortung und Entscheidungshoheit für die ganze Sache trage. Erst dann würde die Digitalisierung nicht mehr als Anhängsel der IT-Abteilung betrachtet werden.

Die gute Nachricht ist: Trotz aller Probleme ist der Anfang in Sachen Digitalisierung gemacht. Bayern sei aus den Kinderschuhen raus, sagt Politikwissenschaftler Hartleb. Auf einer Skala von eins bis zehn, wie viel würde er dem Freistaat geben? "Eine Zwei bis Drei."

© SZ vom 28.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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