Versiegelung:CSU-Umweltpolitiker erbost über Seehofers Bauinitiative

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Josef Göppel, CSU-Umweltpolitiker aus Franken. (Foto: Bundestag/oh)

Der Bundestagsabgeordnete Josef Göppel befürchtet, dass der Flächenverbrauch in Bayern drastisch steigt - und weiß sich darin einig mit den Grünen

Von Christian Sebald, München

Was den grassierenden Flächenfraß anbelangt, geht der CSU-Umweltpolitiker Josef Göppel mit seiner Partei bisweilen noch schärfer ins Gericht als die Grünen oder die Naturschutzverbände. So in diesen Tagen. "Die Staatsregierung lässt im Umgang mit dem Land den Kommerz frei walten", erregt sich der Bundestagsabgeordnete aus Ansbach. "Das hat etwas von globalisiertem Spekulantentum, aber nichts mehr mit guter konservativer Regierungsführung zu tun." Dazu muss man wissen, dass Göppel nicht nur einer von 56 Bundestagsabgeordneten der CSU ist. Sondern seit 1991 Chef des Arbeitskreises Umwelt seiner Partei. Für viele ist der 66-jährige Mittelfranke einer der ganz wenigen wirklich ernst zu nehmenden CSU-Umweltpolitiker.

Der Grund für Göppels Verärgerung: Die Staatsregierung setzt sich in Berlin für eine Änderung des Baugesetzbuches ein, die allen Experten zufolge den Flächenfraß in einem nie da gewesenen Ausmaß anheizen würde. Geht sie durch, könnten alle Gemeinden in Deutschland befristet auf drei Jahre am Außenrand eines jeden Ortsteils einen Hektar Bauland im Hauruckverfahren ausweisen - weil sie auf zentrale, bisher vorgeschriebene Umwelt- und Naturschutzstandards verzichten dürften. So würde die bislang vorgeschriebene Umweltprüfung solcher Ausweisungen ebenso entfallen wie ihr Ausgleich an anderer Stelle und die Überwachung der Umweltauswirkungen. Die Staatsregierung begründet ihren Vorstoß mit dem großen Bedarf an zusätzlichen Wohnungen.

Göppel nennt die Initiative "Freibrief für das Bauen auf der grünen Wiese". Nach seiner Berechnung würde sie den Flächenfraß bundesweit vervierfachen. "In Deutschland gibt es 11 163 Gemeinden mit durchschnittlich 30 Ortsteilen", rechnet er vor. "Mit der Initiative der Staatsregierung würden bis Ende 2019 also Baugebiete mit einer Gesamtfläche von gut 300 000 Hektar Fläche möglich." Rein rechnerisch bedeutet das einen Flächenverbrauch von 274 Hektar am Tag - zusätzlich zu dem aktuellen deutschlandweiten Flächenfraß von 81 Hektar täglich. Dabei haben sich Union und SPD im Koalitionsvertrag von 2013 zum Ziel gesetzt, ihn auf 30 Hektar zu verringern. Die Initiative der Staatsregierung, so Göppel, mache "alle Nachhaltigkeitsschwüre auf Jahre hinaus zunichte".

Auch der Grünen-Landtagsabgeordnete Christian Magerl hat die Folgen der Initiative von Ministerpräsident Horst Seehofer und Co. nachgerechnet - und zwar für Bayern. Das Ergebnis ist das Gleiche wie auf Bundesebene. "Auch hier bei uns würde sich der Flächenfraß vervierfachen", sagt Magerl. "Von derzeit bayernweit 13 Hektar am Tag auf gut 51 Hektar." Magerl spricht von einem "Anschlag auf die freie Landschaft". Die Initiative der Staatsregierung zeige einmal mehr, "dass die Eindämmung des Flächenfraßes für CSU-Politiker etwas ist, das nur in ihren Sonntagsreden vorkommt, im täglichen Handeln spielt sie keine Rolle". Zusammen mit seiner Fraktion fordert Magerl jetzt per Dringlichkeitsantrag den Stopp von Seehofers Initiative.

© SZ vom 28.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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