Verfassungswidrig?:SPD klagt gegen Volksbefragung

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Die neue Möglichkeit einer Volksbefragung in Bayern ist nach Meinung der SPD-Landtagsfraktion verfassungswidrig. Es handle sich um ein "Kampfinstrument gegen die Opposition beziehungsweise gegen einzelne Bevölkerungsgruppen", sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Markus Rinderspacher am Montag. Er kritisiert vor allem, dass nur Ministerpräsident und Landtagsmehrheit gemeinsam eine Volksbefragung starten können, nicht aber die Opposition. Somit könne die Staatsregierung sich jederzeit beim Volk Zustimmung für ihren Kurs holen, müsse aber niemals ein negatives Ergebnis fürchten, da sie selbst entscheide, ob und wann die Bürger befragt würden. Natürlich werde Ministerpräsident Horst Seehofer "immer dann eine Volksbefragung starten, wenn er denkt, das Volk wird ihm schon recht geben", sagte Rinderspacher. Ursprünglich hatte die SPD-Fraktion selbst einen Entwurf für ein Volksbefragungsgesetz erarbeitet. Darin allerdings war vorgesehen, dass das Initiativrecht allein beim Landtag liege. Bei dem jetzt neu eingeführten Konstrukt dagegen sei sogar möglich, dass der Landtag "theoretisch einstimmig" eine Volksbefragung beschließe, die Staatsregierung sich aber trotzdem verweigere. Das widerspreche komplett dem Grundgedanken der Verfassung, wonach die Legislative die Entscheidungen fälle - und die Exekutive sie ausführe. Deshalb hat die SPD eine Verfassungsklage gegen das Gesetz eingereicht. "Ich gehe davon aus, dass es noch bis Weihnachten zu einer mündlichen Verhandlung kommt", sagte der Münchner Anwalt Michael Bihler, der die SPD-Fraktion in dem Verfahren vor dem bayerischen Verfassungsgerichtshof vertritt.

Die neuen Volksbefragungen, die seit 1. März möglich sind, gehen auf ein Versprechen Seehofers zurück. Nach einem Besuch in der Schweiz hatte er angekündigt, eine Möglichkeit zu schaffen, das Volk über große und entscheidende Fragen abstimmen zu lassen. Zwar gibt es in Bayern bereits Volksbegehren und Volksentscheide, doch können die Bürger bei diesen Instrumenten nur über konkrete Gesetze abstimmen. Wenn es aber um angedachte Projekte geht, wie etwa den Bau einer dritten Startbahn am Münchner Flughafen oder grundsätzliche Fragen zur Energiewende, gab es bislang keine Möglichkeit einer direkten Volksbefragung. Bei dem neuen Instrument ist das Abstimmungsergebnis allerdings unverbindlich. Aus diesem Grund haben auch bereits die Grünen eine Klage gegen das Gesetz eingereicht.

© SZ vom 14.07.2015 / dku - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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