Verfassungsklage:"Ein Stück aus dem Tollhaus"

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CSU und Opposition streiten um den Sinn von Seehofers Brief an Merkel

Die angedrohte Verfassungsklage der Staatsregierung gegen den Bund spaltet nicht nur die Union, sondern polarisiert auch im bayerischen Landtag: SPD und Grüne haben der CSU am Donnerstag vorgeworfen, mit der angekündigten Klage ein Stück aus dem Tollhaus aufzuführen. Den Freien Wählern (FW) hingegen kann es gar nicht schnell genug gehen: "Anstatt wirkungslose Briefe an die Bundesregierung zu schreiben, soll der Freistaat unverzüglich eine Klage beim Bundesverfassungsgericht einreichen", sagte FW-Chef Hubert Aiwanger. Der Staat müsse endlich wieder zu geltendem Recht zurückkehren. Ihm sei zwar bewusst, dass mit einem Gerichtsbeschluss nicht sofort alles wieder in Ordnung sei, sagte Aiwanger: "Aber eine Frau Merkel würde in Zugzwang gebracht werden." Außerdem wünschte sich Aiwanger ein weiteres fraktionsübergreifendes Gespräch mit Ministerpräsident Horst Seehofer. Es brauche einen Masterplan, um die Kommunen zu stärken.

Man müsse der Bundesregierung schon Zeit geben, auf den Brief der Staatsregierung zu reagieren, entgegnete CSU-Fraktionsgeschäftsführer Josef Zellmeier. Er ließ keinen Zweifel daran, dass der Freistaat zur Klage bereit sei, falls der Bund nicht rasch entscheidende Schritte zur Senkung der Flüchtlingszahlen einleite. Auch Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bekräftigte, eine Kurskorrektur der Regierung in Berlin sei "dringend notwendig".

SPD und Grüne warfen der CSU Effekthascherei vor. Als Teil der Bundesregierung klage sie gegen sich selbst. Damit wolle die CSU nur vom fehlenden Einfluss ablenken. "Das ist ihr eigentliches Problem: Sie sind verzichtbar", sagte Grünen-Fraktionssprecherin Margarete Bause. Eine Sicherung der 816 Kilometer langen Grenze zu Österreich, wie die CSU sich das vorstelle, sei ohne Tränengas und Wasserwerfer nicht möglich, erklärte SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher. Herrmann warf ihm daraufhin eine Vergiftung des politischen Klimas vor: In seinen acht Jahren als Innenminister habe es keinen einzigen Einsatz mit Tränengas und Wasserwerfer gegeben. Man sei sich mit dem Bund einig, dass die Grenzen zu sichern seien. Ein entsprechendes Konzept existiere bereits.

Einen kurzen Tumult löste die Grünen-Abgeordnete Christine Kamm mit dem Satz aus, man habe bei der CSU den Eindruck, "nur ein toter Flüchtling ist ein guter Flüchtling". Kamm entschuldigte sich aber sofort: Sie habe sich "einfach versprochen, es tut mir schrecklich leid".

© SZ vom 29.01.2016 / wiw - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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