Vereinbarung unterzeichnet:Herrenchiemsee, die zweite

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Nach dem großen Erfolg der "Götterdämmerung" soll eine weitere Landesausstellung die Ära von 1886 bis 1921 beleuchten

Von Hans Kratzer, München

Die Gefahr, auf einer Landesausstellung zerdrückt zu werden, ist relativ gering. Im Jahr 2011 herrschte allerdings in den Ausstellungsgängen ein solches Gedränge, dass ängstliche Menschen fast um Leib und Leben fürchteten. Es ist freilich nicht verwunderlich, dass die Landesausstellung von 2011 einen Massenansturm erlebte und mit fast 600 000 Besuchern die bislang erfolgreichste ihrer Art wurde. Sowohl der Ort (Herrenchiemsee) als auch das Thema (Götterdämmerung - König Ludwig II. und seine Zeit) garantierten quasi eine "gmahde Wiesn".

Dass das Haus der Bayerischen Geschichte, die Bayerische Schlösserverwaltung und der Landkreis Rosenheim als Kooperationspartner nun auf den Gedanken kamen, an diese Erfolgsgeschichte anzuknüpfen, liegt auf der Hand. Auf Herrenchiemsee kann ja gar nichts schiefgehen, so lautet die allgemeine Überzeugung.

Am Mittwoch sind deshalb die Weichen für eine Neuauflage gestellt worden. Die Kulisse des Schlosses Herrenchiemsee wird also im Jahr 2021 abermals Schauplatz einer Landesausstellung werden. Im Finanzministerium unterzeichneten Finanz- und Heimatminister Albert Füracker, Kunstministerin Marion Kiechle und der stellvertretende Rosenheimer Landrat Josef Huber eine entsprechende Vereinbarung. Thematisch soll die Ausstellung unmittelbar an die Schau von 2011 anknüpfen. Unter dem Titel "Verspielte Kronen" nimmt sie die Zeit nach dem Tod König Ludwigs II. bis zum Tod des letzten Bayernkönigs Ludwig III. in den Blick, also die Ära von 1886 bis 1921. Dabei sollen unter anderem die Schicksale der letzten Herrschergeneration der Wittelsbacher vor der Revolution von 1918 beleuchtet werden, und natürlich die allgemeine Geschichte Bayerns in dieser extrem bewegten Zeit, wie Kunstministerin Marion Kiechle ausführte.

Im Jahr 2011 war Schloss Herrenchiemsee Schauplatz der bislang erfolgreichsten Landesausstellung. Ludwig II. stand dort im Mittelpunkt. Im Jahr 2021 soll eine Schau über die Zeit nach Ludwig II. an diesen Erfolg anknüpfen. (Foto: Imago)

Richard Loibl, Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte, sprach von einem "hoch spannenden Kapitel", das in der Ausstellung aufgeschlagen werde. Jenes Fin de Siecle sei ein rätselhaftes Zeitalter, das zwar einen kolossalen technischen Fortschritt, Wohlstand und Mobilität mit sich gebracht habe, aber auch drängende Armut, eine Bevölkerungsexplosion in den Städten, und nicht zuletzt Militarisierung und eine Endzeitsehnsucht. Die Elite sei überfordert gewesen, sagte Loibl, die Ausstellung werde zeigen, wie und warum die damalige Generation blindlings in den großen Krieg und in die Revolution hineinlief.

Am Beispiel der breit vernetzten Wittelsbacher ließen sich unter anderem die europäischen Dimensionen jener Entwicklung aufzeigen. Loibl nannte beispielhaft die gute Marie in Bayern (1841-1925), bekannt als Schwester der Kaiserin Sisi und als Königin beider Sizilien. Er schilderte, wie sich Marie 1861 im Zuge der italienischen Einigungsbewegung als Kämpferin wehrte und wie sie bis zur Kapitulation in der Festung Gaeta ausharrte. Im Exil in Rom habe sie sich zu einer Skandalnudel entwickelt, die nackt im Meer schwamm, Zigarillos rauchte und ein uneheliches Kind gebar. Extravagant war auch Ludwig Ferdinand von Bayern, ein Cousin Ludwigs II., der für die stämmige Bayerwald-Dichterin Emerenz Meier schwärmte. Als er sie nach dem Grund ihres prächtigen Aussehens fragte, erwiderte sie: "Weil i alle Tag meine drei Mass Bier trink!" Was Ludwig Ferdinand laut Loibl daraufhin seiner Frau riet, einer mageren spanischen Prinzessin, damit sie endlich zu bayerischer Stärke komme.

Angesichts der wunderbaren Lokalität der Ausstellung und der Würze solcher Geschichten traten die Vertreter der Ministerien und des Landkreises am Mittwoch recht euphorisch vor die Presse. Nur auf die Frage, was das Spektakel kosten werde, wusste Ministerin Kiechle keine Antwort. Finanzminister Füracker erklärte, jetzt stehe erst einmal der Haushalt für 2019/20 auf dem Plan. Was man 2021 investiere, werde man zu gegebener Zeit ausraufen. Vize-Landrat Josef Huber nutzte die Gunst der Stunde, um schlitzohrig einzuwenden, man solle bei der Finanzplanung auf jeden Fall bedenken, dass der Landkreis Rosenheim "ein sehr armer Landkreis ist".

Wie Loibl noch verriet, erwarte die aktuelle Landesausstellung "Mythos Bayern" im Kloster Ettal demnächst den 100 000. Besucher. Damit liege man im Plan, sagte Loibl. Die Landesausstellung 2019 (100 Schätze aus 1000 Jahren) werde im neuen Museum der Bayerischen Geschichte in Regensburg stattfinden, das wie geplant im Mai 2019 eröffnet werden soll.

© SZ vom 20.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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