Unter Bayern:Oberpfälzisch für Anfänger

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Was tun im erneuten Lockdown, noch dazu im Winter? Bananenbrot kann niemand mehr sehen, all die entspannenden Dinge sind im ersten Lockdown im Frühjahr erledigt worden. Eine Sprache lernen vielleicht? Aber nicht jede eignet sich für einen Schnellkurs

Glosse von Deniz Aykanat

Daheim bleiben, dieses Mal richtig. Nicht Lockdown light, sondern dahoam gscheid! Beim ersten Dahoambleiben wusste man einiges anzufangen: rausgehen, der Natur beim Aufwachen zusehen. Durch die Welterbestadt Regensburg spazieren, ohne von einer Lawine amerikanischer Touristen in Birkenstocks erfasst und mitgeschleift zu werden. Eis essen und bläd schaun.

Beim zweiten Lockdown geht vieles nicht mehr, vor allem bläd zu schaun wird einem durch den dichten oberpfälzischen Nebel madig gemacht. Die Sonne hat das Jahr 2020 für sich ebenfalls beendet. Die sozialen Kontakte sind in etwa so zahlreich wie die einer Bäuerin auf einem eingeschneiten Einödhof im Bayerischen Wald zur Jahrhundertwende.

Vielleicht könnte man zum Ausklang wenigstens etwas Sinnvolles tun?

Doch was, wenn man keinen Einödhof zu bewirtschaften hat? Wenn der Lieblingsspielplatz des Sohnes ausschaut wie die Kulisse eines Endzeitfilms und das Kind, das man im Sommer nur mit Schokolade zur Rückkehr ins Haus bewegen kann, die Mama mitfühlend anschaut und sagt: "gehma heim"?

Beim ersten Lockdown füllten Listen das Internet, was man mit der Zeit anfangen könnte, die man nicht mehr in Kneipen, Fußgängerzonen und Fitnessstudios verbringt. Da keiner mehr Bananenbrot sehen kann, bleibt folgender Punkt übrig: eine Sprache lernen. Das ist es! Oberpfälzisch schnappt man schließlich nicht so leicht auf wie Pumuckl-Bairisch. Da braucht es schon einen Lockdown, um sich mit dem Dialekt vertraut zu machen, von dem es heißt, dass er gebellt und nicht gesprochen wird. Es werden also einschlägige Portale durchgeklickt, Bücher ausgeliehen, Toni-Lauerer-Podcasts gehört, die oberpfälzische Mutter geschimpft, warum man nicht zweisprachig erzogen wurde.

Dann der Test draußen. Der Nachbar, ein echter Oberpfälzer hängt im Apfelbaum und bringt eine Lichterkette an. Man grüßt, um eine Übung zum Hörverständnis einzuleiten. Es kommt auch was zurück. Aber was? Irgendwas mit "hou", "dou" und "bou". Man will den bellenden Nachbarn gerade bitten, doch den Mund-Nasen-Schutz abzunehmen - aber da ist nichts. Um Oberpfälzisch zu lernen, wird es noch ein paar Lockdowns brauchen.

© SZ vom 19.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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