Unter Bayern:Lasst uns froh und öko sein

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Der Nikolaustag steht an und der fällt in diesem Jahr auf einen Freitag. Höchste Zeit also, den heiligen Mann auf seine Fridays-for-Future-Kompatibilität durchzuchecken

Kolumne von Nadeschda Scharfenberg

Der Nikolaus hat es gut, denn er kann himmlische Meilen noch und nöcher zurücklegen, ohne auch nur den kleinsten Anflug von Flugscham haben zu müssen. Absolut CO₂-neutral cruist er mit seinem Rentierschlitten durch die Gegend, sodass sie bei Amazon gelb vor Neid werden. Ein Lieferservice mit Saubermann-Image, hach! Aber Momentchen . . . der Typ mit dem Rentierschlitten, ist das überhaupt der echte, der gute Nikolaus, Bischof von Myra, mit der Mitra auf dem Haupte? Oder ist das dieser unauthentische Zipfelmützen-Heini, erfunden von einem US-Getränkedosenkonzern (Verrottungszeit 80 bis 200 Jahre). Überhaupt, die Rentiere. Ob die auch artgerecht gehalten werden?

Der 6. Dezember fällt in diesem Jahr auf einen Freitag, höchste Zeit also, den alten weißbärtigen Mann aus der Vergangenheit auf seine Fridays-for-Future-Kompatibilität durchzuchecken. Im Jahr des Plastiktütenverbots fällt einem da sofort die Verpackungsmüllproblematik ein, denn wie jedes Logistikunternehmen muss ja auch der Herr Bischof mit seinem Paarhufer-SUV (9 Rentierstärken) das ganze Mandarinen-und-Nuss-Graffel irgendwie transportieren.

Informationsschreiben von der nachhaltigsten Grundschule Oberbayerns: In diesem Jahr soll jedes Kind ein eigenes Säckchen bei der Lehrerin abgeben. Nicht dass am Ende eine irdische Nikolaus-Stellvertreterin, vulgo: Elternsprecherin, auf die Idee kommt, das Mandarinen-und-Nuss-Graffel in Cellophantütchen zu stecken. Cellophan ist zwar biologisch abbaubar, weil es aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt wird, und alternativ gäbe es auch noch hübsche, coladosenrote Tüten aus Butterbrotpapier, aber gut. Dann eben Jute statt Nicht-Plastik.

Mangels der Option "Rentierlieferung" kommt es nicht infrage, das Säckchen online zu bestellen. Also auf in die Stadt, mit dem ÖPNV, und rein in den viel zu kuschelwarmen Drogeriemarkt. Ein Klimawandel täte hier gut. Zum Glück ist das Regal mit der Nikolaus-Saisonware schnell gefunden, aber die Verpackungen sind ihrerseits verpackt. In Plastikfolie. Laden Nummer zwei ist hingegen vorbildlich, hier gibt es Säckchen und Söckchen ohne Tüte drumherum. Und wieder ist die Welt ein klitzekleines Stückchen besser geworden.

Zu Hause, beim Beschriften, springt einem das Etikett ins Auge: Made in China.

© SZ vom 30.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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