Unter Bayern:Kanzlerkampf in Kühlungsborn

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Der Personalstreit in der Union hat eine überraschende Wendung genommen. Nun könnte sich die Zukunft Deutschlands entweder an der Ostsee oder in Niederbayern entscheiden

Kolumne von Roman Deininger

Berlin, 28. Februar. Der CSU-Vorsitzende Markus Söder hält es sehr wohl für möglich, dass der nächste Bundeskanzler aus dem Freistaat kommt. "Dieses ganze Quatschi-Quatschi, dass ein Bayer im Bund nicht gewinnen kann, das ist übel und falsch", sagte Söder am Freitag in Berlin. "Die Union schickt einen hochkompetenten Bewerber ins Rennen", so Söder. "Ich sehe keinen Grund, warum der Hubert nicht auch in Sachsen-Anhalt oder Schleswig-Holstein die Menschen überzeugen sollte." CDU und CSU hatten sich am frühen Freitagmorgen überraschend auf den Rahstorfer Landwirt Hubert Aiwanger als gemeinsamen Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahl 2021 geeinigt.

Die Idee, den Personalstreit in der Union mit einem externen Bewerber zu beenden, soll Noch-CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer Aiwanger bei einem Frühstück auf dessen Hof unterbreitet haben. "Das ist der erste vernünftige Einfall, den dieses Fräulein gehabt hat", sagte Aiwanger in einer gemeinsamen Erklärung. Die ehemaligen Kandidaten Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen teilten mit, Aiwanger unterstützen zu wollen und "natürlich für eine Teamlösung" zur Verfügung zu stehen. Aiwanger reagierte umgehend: "Von Teamlösungen halte ich nichts. Abgesehen davon, dass sich manche Herrschaften jetzt eh ganz hinten anstellen dürfen."

Vereinzelt gab es auch Kritik an der Personalie Aiwanger. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach von einem "unverzeihlichen Vorgang". Aiwanger, der bisher politisch nur hobbymäßig tätig war, kündigte im Gegenzug an, im Kanzleramt "richtig durchlüften" zu wollen. "Die Schlossherrin verlässt das Gruselkabinett, im Keller werden die Verliese geöffnet und die Scheintoten schleichen hinauf." Bei seinem ersten Wahlkampfauftritt im Ostseebad Kühlungsborn versprach Aiwanger einer begeisterten Menge, seine Bundesregierung werde mit "voller Energie die zwei großen Seuchen unserer Zeit eindämmen", Coronavirus und Wirtshaussterben. "Wenn use Katten 'ne Kau was, måsten we up'n Balken taun melken", so Aiwanger. Direkt nach Aiwangers Auftritt erklärte Grünen-Chef Robert Habeck, zugunsten seiner Co-Chefin Annalena Baerbock auf eine Kanzlerkandidatur zu verzichten.

© SZ vom 29.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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