Unter Bayern:Der Chiemsee und der Kiemsee

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Schwäne, Schildkröten und ein See - klingt ziemlich nach König Ludwig II. Doch in Vietman gibt es eine verblüffende Parallele

Kolumne von Nadeschda Scharfenberg

Vor ein paar Tagen machte eine Meldung aus Vietnam die Runde, eine Art fernöstliches Märchen, und das ging so: Es waren einmal zwölf belgische Schwäne, die wurden vom König in die Welt gesandt. Fortan sollten sie auf dem Schwertsee inmitten der fernen Stadt Hanoi die Menschen erfreuen. Doch eine Gruppe finsterer Kulturwissenschaftler trachtete ihnen nach dem Leben. Denn der See war einst das Zuhause einer sagenumwobenen Schildkröte gewesen. "Das ist kein Platz, wo man einfach irgendwelche Tiere aussetzen kann", sprach ein Professor. "Wenn wir hier Schwäne aufziehen, wird das der Schwanensee. Lasst den Schwertsee einfach Schwertsee sein." Die stolzen Vögel wurden nach nur einem Tag in einen anderen See verbannt, und wenn sie nicht vor Kummer gestorben sind, dann schwimmen sie dort noch heute.

Belgien? Vietnam? Und was hat das alles mit Bayern zu tun? Auf den ersten Blick nichts. Aber wenn man sich anschaut, wie der Schwertsee in der Landessprache heißt, wird alles sonnenklar. Sonnenkönigklar. Hoan-Kiem-See.

Es gibt Hunderte Oktoberfeste auf der Welt und in jedem Disney-Park eine billige Neuschwanstein-Kopie. Warum also kein zweiter Kiemsee? (Diese Schreibung sollte man auch für das Original beantragen, damit endlich niemand mehr auf die Idee kommt, Schiemsee zu sagen.)

Die Geschichte mit den Schwänen und der Schildkröte spricht dafür, dass es sich beim vietnamesischen Hoan-Kiem-See um ein bayerisches Gewässer handelt, schließlich spielten Schwäne und Schildkröten im Leben unseres Märchenkönigs eine wichtige Rolle. Schwäne, klar, die tauchen überall in den Schlössern Ludwigs II. auf. Aber Schildkröten? Tatsächlich besaß der Kini als Kind eine innig geliebte Schildkröte, die ihm auf Geheiß seines Vaters nach kurzer Zeit weggenommen wurde. Ein Schildkrötentrauma. Später landeten die Panzertierchen dann in Suppenform auf seinem Teller, flankiert von indischen Vogelnestern und Kalbsohren mit Trüffeln. Auf Hoankiemsee, pardon: Herrenchiemsee, gibt es übrigens einen Brunnen mit wasserspeienden Schildkröten.

Höchste Zeit, dass der Hoan-Kiem-See der bayerischen Schlösser- und Seenverwaltung zugeschlagen wird. Schnell, schnell, solange der Söder noch oberster Schlösser- und Seenverwalter ist. Söder in einer Kiemsee-Gondel, im Kini-Kostüm, das Foto fehlt noch. Mein lieber Schwan!

© SZ vom 17.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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