Unter Bayern:Betrunken in Lalling

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Manche Ereignisse scheinen sich nur in ganz bestimmten Orten zutragen zu können. Denn sie gehen eine fast schon magische Verbindung ein

Kolumne von Nadeschda Scharfenberg

Am Donnerstag hat die Polizei in Würzburg eine unscheinbare Meldung herausgegeben. Keine aus der Kategorie "Taschendieb bestiehlt Taschendiebfahnder" oder "Hase fällt vom Himmel" (beides nicht erfunden), wo das Journalistinnenauge sofort Stoff für Witzeleien sieht, sondern: "Buttersäure-Angriff gegen Ungeziefer - sechs Menschen leicht verletzt". Man neigt dazu, die News einfach an sich vorbeiziehen zu lassen, Menschen tun nun mal seltsame Dinge, wenn es um Kreuch- und Fleuchtiere geht. Richtig kurios wird die Meldung erst auf den zweiten Blick. Die Ungezieferbekämpfungspanne ereignete sich in einem staatlich anerkannten Erholungsort im Kreis Bad Kissingen mit dem in diesem Fall sehr, sehr treffenden Namen: Motten.

Manchmal gehen Ereignis und Ereignisort eigenwillige Verbindungen ein. Vor einigen Jahren haben in Unterfranken Unbekannte von einem Lastwagen 2500 Paar Damenschuhe gestohlen, Tatort: eine Autobahnraststätte bei Weibersbrunn. Und in diesem September trieb in Ebersdorf bei Coburg ein durchgeknalltes Wildschwein sein Unwesen. Männliche Wildschweine heißen Keiler, schon klar, aber trotzdem eine Nachricht zum Grunzen. Apropos Ungeziefer: Dass Schnakenbek an der Elbe im Sommer ein Hornissenproblem hatte, entbehrt auch nicht einer gewissen Komik.

Ach, es gibt noch viele schöne Orte, an denen viele schöne Dinge passieren könnten. Der Söder zum Beispiel sollte dringend eine städtebauliche Bildungsreise in den Stockholmer Künstlerstadtteil Södermalm unternehmen und der FC Bayern sein Trainingslager in Lederhose, Thüringen, aufschlagen. Auch interessant: Gibt's im Weiler Unterkiefer im Kreis Rosenheim eigentlich eine Zahnarztpraxis? Und im unterfränkischen Lauter einen Trompeter? Mitleid gebührt dem Briefträger von Postbauer-Heng, allen Birnbäumen aus Apfeldorf, den Betrunkenen aus Lalling sowie den schlaflosen Ehefrauen von Schnarchenreuth. Kaum erwarten können wir übrigens die Schlagzeilen: "Kindergarten in Kotzenaurach wegen Noroviren geschlossen" und "Kim Kardashian besucht Poing".

Es gibt auch einen Ort in Bayern, den man als Journalist oder Journalistin dringend meiden sollte. Er liegt in der Oberpfalz und heißt: Markt Laaber.

© SZ vom 15.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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