Übereifriges Bayern:Planspiel Grenzsicherung

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Polizei bereitet sich vor, SPD warnt vor "ungarischen Verhältnissen"

Auch wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach wie vor die Einführung einer Obergrenze für Flüchtlinge kategorisch ablehnt, bereitet sich die bayerische Landespolizei auf umfassende Kontrollen der Landesgrenze zu Österreich vor. Sollte sich der Bund zu einer Begrenzung der Aufnahme von Flüchtlingen entschließen, müssten ankommende Asylbewerber unmittelbar an der Staatsgrenze abgewiesen werden, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Samstag. "Für eine solche Situation, in der die Bundespolizei gegebenenfalls auch die Unterstützung der bayerischen Polizei anfordern könnte, stellt die bayerische Polizei gegenwärtig entsprechende Vorüberlegungen an, um auf eventuelle Entscheidungen des Bundes vorbereitet zu sein", sagte Herrmann.

Zuvor hatte die Passauer Neue Presse berichtet, die für die Grenzregionen zuständigen Polizeipräsidien würden konkrete Vorbereitungen treffen, um im Falle einer entsprechenden Anordnung des Bundes alle Grenzübergänge innerhalb weniger Stunden kontrollieren zu können. Hierfür sollen frühere Liegenschaften der Grenzpolizei benutzt oder Container aufgestellt werden, die als provisorische Grenzkontrollstellen eingerichtet werden könnten. Experten gehen derzeit davon aus, dass etwa 2000 Polizeibeamte an der Grenze postiert werden müssten, um an allen Übergängen kontrollieren zu können. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums reagierte auf den Zeitungsbericht indes kühl: "Fest steht: Für Schutz, Kontrolle und eine theoretisch denkbare etwaige Grenzschließung ist allein der Bund zuständig. Und vonseiten des Bundes gibt es über derartige Maßnahmen und Planungen nichts zu berichten."

Die SPD im Landtag zeigte sich ob der möglichen Planspiele des Innenministers und der bayerischen Polizei irritiert. Ihr Fraktionsvorsitzender Markus Rinderspacher sagte: "Abschottung konzentriert und vergrößert die Probleme nur, anstatt sie zu lösen." Eines aber stehe fest: "Wenn Innenminister Herrmann mehr als 800 Kilometer Staatsgrenze zu Österreich lückenlos überwachen will, sind rigorose Maßnahmen zu erwarten. Wir wollen an der bayerischen Außengrenze keine ungarischen Verhältnisse und keinen zusätzlichen Mega-Stress für die ostbayerischen Regionen", sagte Rinderspacher. Die bayerischen Polizisten hätten im vergangenen Jahr zwei Millionen Überstunden gemacht. Die Grenzsicherung sei zudem alleinige Aufgabe der Bundespolizei. Innenminister Herrmann müsse daher offenlegen, "welche konkreten baulichen Maßnahmen an den Grenzen vorgesehen sind".

Hubert Aiwanger, Chef der Freien Wähler, goss am Sonntag noch einmal Öl ins Feuer: "Die bayerische Landespolizei könnte schon heute Durchreisende ohne gültige Papiere aufgreifen. Bayern braucht dazu nicht den Segen des Bundes."

© SZ vom 29.02.2016 / dpa/dm - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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