Tourismus:Auf dem Fluss quer durch Europa

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In Nürnberg legen jährlich bis zu 1000 Hotelschiffe an

Für etwa 3000 Pfund können reisefreudige Briten die "Grand European Tour" buchen, mit dem Schiff von Amsterdam nach Budapest: vier Länder in 15 Tagen, zwölf Stadtführungen inklusive. Am achten Tag geht es nach einem Frühstück mit dem Bus zum Reichsparteitagsgelände, dann zum Saal 600, in dem den Nazi-Verbrechern der Prozess gemacht wurde, anschließend ist noch ein Bummel durch die Altstadt drin. Anbieter ist die in der Schweiz ansässige Firma Viking Rivercruises, die sich auf Kunden aus England, Amerika und Australien spezialisiert hat. In Nürnberg hat allein dieses Unternehmen in diesem Jahr fast 340 Mal einen Liegeplatz gebucht.

Die Anlegestelle für Flusskreuzer befindet sich am Main-Donau-Kanal gegenüber dem Hafenbecken und wird von der Stadt Nürnberg betrieben. Die hat vor einigen Jahren kräftig in ihre Anlegestelle investiert. Seither können dort gleichzeitig zehn statt zwei Schiffe festmachen, was der Stadt hohe Besucherzahlen beschert, die - anders als in den ungleich engeren Altstädten von Bamberg oder Regensburg - von den Einwohnern noch nicht als lästig empfunden werden.

Mitte der Neunzigerjahre kamen etwa 85 Schiffe mit knapp 10 000 Reisenden nach Nürnberg. 2016 machten 1100 Schiffe in der Stadt fest - der bisherige Höchststand. Danach hat sich die Zahl auf etwa 1000 eingependelt, im vergangenen Jahr waren es wegen des Niedrigwassers nur 776. Mit diesem Boom der Passagierschiffe hatte beim Bau des Main-Donau-Kanals niemand gerechnet. Und noch scheint der Markt nicht ausgereizt zu sein. Einige Anbieter bemühen sich jetzt verstärkt auch um jüngeres Publikum aus Deutschland. Das in Rostock ansässige Unternehmen Arosa Flussschiff GmbH wirbt beispielsweise mit der Schauspielerin Yvonne Catterfeld als "Markenbotschafterin" gezielt um junge Reisende und Familien.

Laut Statistik der Congress- und Tourismus-Zentrale Nürnberg kommt der Großteil der Passagiere bisher aus dem Ausland. Im vergangenen Jahr überwiegend aus den USA (30 Prozent), gefolgt von Australien (19 Prozent), Großbritannien (15 Prozent) und Kanada (14 Prozent). Noch würden Flusskreuzfahrten vor allem von älteren Gästen gebucht, sagt Nürnbergs Tourismus-Managerin Yvonne Coulin. 63 Prozent der Reisenden, die in Nürnberg an Land gingen, waren mindestens 60 Jahre alt. Die Zielgruppe schätzt es, mit dem Hotelbett bequem durch Europa zu reisen.

Nachdem ein Flusskreuzer am 5. Juni eine Schleuse im Main-Donau-Kanal beschädigt hat, endet die Fahrt momentan dort. In einigen Fällen konnten Unternehmen, deren Flusskreuzer in Nürnberg und Kelheim strandeten, ihre Passagiere die Schiffe tauschen lassen. Andere mussten auf Hotels und Busfahrten ausweichen.

© SZ vom 14.06.2019 / Henz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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