Tierschutz:Kastration nur unter Vollnarkose

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Bauern wollen Ferkeln Hoden wie bisher ohne Betäubung entfernen

In Bayern werden jedes Jahr Hunderttausende männliche Ferkel ohne Betäubung kastriert. Tierschützer prangern seit Langem an, dass die Tiere, die bei der blutigen Prozedur höchstens sieben Tage alt sein dürfen, dabei große Schmerzen erleiden. Eigentlich soll mit der umstrittenen Praxis Ende des Jahres Schluss sein. Von 1. Januar 2019 an ist es verboten, Ferkeln ohne Vollnarkose mit einem Skalpell die Hoden zu entfernen. Der Bauernverband will sich damit nicht abfinden. Bauernpräsident Walter Heidl forderte am Montag, die sogenannte betäubungslose Ferkelkastration weiter zu erlauben. Aus seiner Sicht bedeutet ihr Ende "das Aus für die bayerischen Sauenhalter". Zugleich forderte Heidl die Zulassung der Ferkelkastration unter lokaler Betäubung. Tierschützer kritisieren diese ebenfalls heftig.

Der Grund der Ferkelkastration ist der sogenannte Ebergeruch, den das Fleisch männlicher Schweine annehmen kann. Er rührt von den Geschlechtshormonen aus den Hoden der Tiere her. Gekochtes oder gebratenes Eberfleisch kann deshalb unangenehm riechen oder schmecken. "Betroffen ist aber nur ein kleiner Teil der Jungeber", sagt Lea Schmitz vom Tierschutzbund. "Der Anteil liegt bei etwa fünf Prozent." Von 2019 an haben Bauern drei Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration: die Ebermast, die in vielen Ländern längst gängige Praxis ist, eine Impfung gegen Ebergeruch und die Ferkelkastration unter Vollnarkose. Die von Bauernverband als weitere Alternative eingeforderte Kastration unter lokaler Betäubung wird von Tierschützern abgelehnt. "Die Tiere erleiden dabei zusätzlichen Stress und Schmerzen", sagt Schmitz, "denn das Betäubungsmittel wird direkt in die Hoden gespritzt." Die Chancen für Heidls Vorstoß für die Verlängerung der betäubungslosen Kastration dürften wohl eher gering sein. Kürzlich hat der Agrarausschuss des Bundesrats eine gleichlautende Initiative des Freistaats ablehnt.

Die Zahl der sogenannten Ferkelerzeuger - also der Landwirte, die sich auf das Züchten und den Verkauf von Ferkeln für die Schweinemast spezialisiert haben - ist seit 1990 dramatisch zurückgegangen. Damals gab es noch etwa 28 000 Ferkelerzeuger, 2017 waren es nur noch 2200. Die Branche hat den 27 Jahren einen ungeheuren Konzentrationsprozess durchgemacht. Die Zahl der Zuchtsauen, also der Mutterschweine, ist in dem Zeitraum von 16 auf 107 je Halter angestiegen.

© SZ vom 18.09.2018 / cws - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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