Substitution:Mehr Rechtssicherheit für Drogen-Ärzte

Lesezeit: 2 min

Der Gesundheitsausschuss fordert ein moderneres Betäubungsmittelgesetz, damit Süchtige weiter versorgt werden können

Von Dietrich Mittler, München

Ärzte, die heroinsüchtige Patienten mit Ersatzstoffen wie Methadon oder Polamidon behandeln, sollen künftig mehr Rechtssicherheit bekommen. Nach wie vor stehen die sogenannten Substitutionsärzte in Bayern mit einem Bein im Gefängnis. Damit müsse nun endlich Schluss sein, sind sich im Landtag die Gesundheitspolitiker aller Parteien einig. Ihr gemeinsamer Antrag, den die Grünen in München vorgestellt haben, soll darauf hinwirken dass sich die Staatsregierung im Bund verstärkt dafür einsetzt, die "engmaschigen Therapievorgaben und Rahmenbedingungen" dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft anzupassen. Erstrebenswert sei dabei, die Substitutionstherapie "im Detail" von den einschneidenden Vorgaben des Betäubungsmittelgesetzes zu lösen.

Gerade das Betäubungsmittelgesetz hängt über den behandelnden Substitutionsärzten wie ein Damoklesschwert. Bestes Beispiel dafür ist der Allgäuer Hausarzt Thomas Melcher: Die Regierung von Schwaben hatte dem Kaufbeurer Arzt die Approbation entzogen, nachdem dieser 2012 wegen mehrerer Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden war. Dabei hatte Melcher im Wesentlichen nur das umgesetzt, was heute aus medizinischer Sicht geboten erscheint. Er hatte Patienten die Substitutionsmittel mit nach Hause gegeben, damit diese nicht jeden Tag zu ihm in die Praxis fahren mussten und somit einer geregelten Arbeit nachgehen konnten.

Da einige dieser Patienten jedoch, für ihn erkennbar, zusätzliche Betäubungsmittel einnahmen, bekam Thomas Melcher massiven Ärger mit der Justiz. Für einen Teil seiner Patienten hatte das schlimme Folgen, wie er berichtet: "Einige sind gestorben, nachdem ich im April 2011 die Substitution einstellen musste."

Zur Vorstellung des Antrags hatten die Grünen Melcher nun nach München eingeladen, um über seine Erfahrungen zu berichten. Und der kam gerne, schließlich verdankt es der bis 2011 in der Heroin-Substitution tätige Mediziner allein dem Landtag, dass ein gegen ihn verhängtes Berufsverbot abgewendet werden konnte. "Was ich mitgemacht habe, war ein Riesenschock", sagt er. Etliche Ärzte, die wie Melcher ebenfalls Heroinabhängige behandelt haben, können das nachvollziehen. "Wenn Polizei und Staatsanwaltschaften in Bayern weiterhin so restriktiv gegen Substitutionsärzte vorgehen, wird sich hier kein Hausarzt mehr in der Versorgung heroinabhängiger Patienten engagieren", sagt Ulrich Leiner, der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion.

Die Ärzte, so ist Leiner überzeugt, müssten mehr Freiraum bei der Behandlung der ohnehin schwierigen Klientel bekommen. Nur so habe die Substitutionsbehandlung durch niedergelassene Mediziner überhaupt noch eine Zukunft.

Seit dem Rückzug vieler Hausärzte aus der Substitutionsmedizin - und das ist nicht nur im Allgäu der Fall - werden Methadonbehandlungen nach Angaben der Grünen "nahezu ausschließlich noch in Bezirkskrankenhäusern" angeboten. Aus Leiners Sicht ist das der falsche Ansatz: "Zum einen ist das nicht deren originäre Aufgabe, zum anderen wird dort Substitution sehr restriktiv gehandhabt, weshalb viele Betroffene die Behandlung abbrechen." Diese Entwicklung gelte es zu stoppen. "Ohne die Nutzung vorhandener gesetzlicher Spielräume werden die Betroffenen hier schlicht ihrem Elend überlassen", warnte Leiner.

Am kommenden Dienstag soll über den Antrag im Gesundheitsausschuss abgestimmt werden. Klar ist bereits jetzt: Er wird angenommen.

© SZ vom 03.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: