Die Auseinandersetzung um den Bau einer dritten Startbahn am Münchner Flughafen entwickelt sich immer mehr zu einer Kraftprobe zwischen Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und seiner eigenen Landtagsfraktion. Die Fraktion habe bereits einige Alleingänge Seehofers geduldet, "das Fass ist voll", sagt ein einflussreicher Abgeordneter. Sollte Seehofer auch bei der dritten Startbahn gegen den mehrheitlichen Willen der CSU-Fraktion agieren, würde er "das Fass zum Überlaufen bringen".
66 von 101 CSU-Abgeordneten haben einen Antrag unterschrieben, in dem sie auf eine rasche Entscheidung in dieser Frage dringen - pro Ausbau. Diese Unterschriften seien "wie ein Stoppschild" für Seehofer, dass er mit seinem Kurs nicht so weitermachen könne. Die Zahl der Befürworter ist vermutlich sogar noch höher. Auch etliche Kabinettsmitglieder sind dafür. Sie haben aber nicht unterschrieben, weil sie über den Antrag befinden sollen.
Seehofer sendete Signale gegen eine dritte Startbahn
Befürworter befürchten, der Ministerpräsident habe sich bereits gegen den Ausbau festgelegt. Seehofer hat in den vergangenen Wochen mehrere Gespräche mit Beteiligten geführt und dabei signalisiert, dass er die wirtschaftliche Notwendigkeit für eine weitere Startbahn nicht erkennen könne. Aber selbst wenn die Staatsregierung einen Ausbau unterstützen würde, könnte sie diesen nicht allein durchsetzen. Die Stadt München als Anteilseigner des Flughafens sperrt sich bislang gegen eine Erweiterung. Sie fühlt sich an einen Bürgerentscheid gebunden, in dem vor drei Jahren gegen den Ausbau gestimmt wurde.
Flughafen München:Dritte Startbahn in München würde mindestens 300 Millionen teurer
Die Kosten am Münchner Flughafen heben ab, gibt die Betreibergesellschaft auf Nachfrage zu. Die Grünen fürchten eine Kostenexplosion.
Diesen Donnerstag soll es zu einem zweistündigen Gespräch zwischen Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und Seehofer kommen, in dem auch über den Flughafen gesprochen werden soll. Die Erwartung der CSU-Fraktion ist klar: Man brauche eine Strategie, wie mit dem Münchner Veto umzugehen sei. Seehofer müsse ernsthafte Verhandlungen führen.
Auch beim Zeitplan gibt es offenbar Differenzen. Während Seehofer eine Entscheidung vor Weihnachten ankündigte, gehen wichtige Fraktionsmitglieder erst vom nächsten Jahr aus. Man müsse dem Ministerpräsidenten Zeit geben, seine Position zu korrigieren. Die Fraktion dürfe jedoch auch nicht übermütig werden, nun sei Klugheit gefordert. Einen Sonderparteitag, mit dem Seehofer den Ausbau-Befürwortern gedroht hatte, halten Beobachter nach dem Parteitag vom Wochenende für unwahrscheinlich. Seehofer war mit lediglich 87,2 Prozent als CSU-Chef bestätigt worden.