Olympia:"Wennst was haben willst, musst erst freundlich fragen"

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Scheitert die Olympia-Bewerbung, erlebt Oberbayern statt des Wintermärchens einen Totentanz. Schuld daran wären die parteipolitischen Taktierereien der Gegner.

Florian Streibl

Seit einem Jahr ist die Bewerbungsgesellschaft für die Olympischen Winterspiele 2018 im bayerischen Oberland unterwegs. In der Bevölkerung wird die Diskussion um dieses mögliche Wintermärchen aber erst seit kurzem geführt, ursprünglich entfacht von der Frage nach dem Austragungsort Oberammergau.

Florian Streibl, Sohn von Bayerns Ex-Ministerpräsident Max Streibl, lebt in Oberammergau. Er vertritt die Freien Wähler im Gemeinderat von Oberammergau und im Bayerischen Landtag. (Foto: Manfred Neubauer)

Eingebettet in die idyllischen Ammergauer Alpen, in denen einst ein Märchenkönig Schlitten fuhr, sollten Biathlonwettkämpfe stattfinden. Da wir in unserem Heimatort nicht nur Passion spielen, sondern auch passioniert diskutieren, wurde das Thema Olympia 2018 umgehend kontrovers erörtert.

Leider hatte die Bewerbungsgesellschaft gleich zu Beginn ihrer Tätigkeit gravierende Fehler begangen. "Wennst was haben willst, musst erst freundlich fragen!", heißt es bei uns. In Oberammergau wurden die Fragen rund um die Nutzung der Grundstücke der Landwirte und Grundbesitzer für Olympia geklärt - leider hat die Initiative der Grünen im Bayerischen Landtag die Stimmung in meiner Heimat äußerst negativ beeinflusst.

Parteipolitische Interessen

Auf einer Veranstaltung im Pfarrheim in Oberammergau prognostizierten sie einseitig und viel zu plakativ eine drastische Natur- und Landschaftszerstörung, sinngemäß mit der Parole: Wenn die Landschaft nach Ende der Spiele im Jahr 2018 dann derart zerstört ist, werden die Touristen nicht mehr nach Oberammergau kommen. Die Folge dieses Schreckensszenarios: Oberammergau ist inzwischen aus dem Rennen ausgestiegen! Die Bewerbungsgesellschaft hatte offenbar nicht das Stehvermögen, der Diskussion in der Gemeinde standzuhalten.

Und in Garmisch-Partenkirchen, wo unter anderem die alpinen Wettbewerbe ausgetragen werden sollen? Dem Eindruck, dass es dort die Landwirte sind, die die Olympischen Spiele verhindern wollen, muss entschieden entgegengetreten werden. Bei näherem Hinsehen entdeckt man nämlich hinter ausnahmslos allen Protagonisten der Auseinandersetzung parteipolitische Interessen; nur scheinbar geht es um den Schutz der Landwirte beziehungsweise der Landschaft. Die Landwirte und Grundbesitzer wollten zu Recht ihre Fragen geklärt wissen, sowie fair und auf Augenhöhe behandelt werden. Das ist auch eine Frage des gegenseitigen Respekts.

Die Auseinandersetzung in Garmisch-Partenkirchen ist aber dadurch gekennzeichnet, dass SPD und Grüne dort gemeinsam gegen die Winterspiele arbeiten. Auch sie malen Schreckensszenarien an die Wand; da ist nicht nur von einer gigantischen Landschaftszerstörung die Rede, sondern auch von einer unverantwortlichen Verschuldung der Gemeinde - beides sind Behauptungen, die einer kritischen Hinterfragung nicht standhalten, aber viele Ängste und negative Emotionen wecken.

Die CSU ist auch keine Hilfe, sie hält sich offensiv zurück. Sie vermag in dieser wichtigen Frage nicht über ihren Schatten zu springen, indem sie den Bürgermeister unterstützt; er gehörte früher der Partei an, verließ sie dann aber.

Dabei ist es doch so: Wir im Oberland können nicht wollen, dass die Austragung der Olympischen Spiele in unserer Region scheitert. Olympische Spiele in Oberbayern haben eine Bedeutung, die weit über die bayerischen und deutschen Grenzen hinausgeht. Daher müssen die Menschen, die hier leben und ihre Heimat so lieben, wie sie ist, ernst genommen werden.

Dies bedeutet, dass die Bewerbungsgesellschaft nun massiv um Zustimmung in der Bevölkerung werben sollte. Sie darf nicht denen das Feld überlassen, die nur parteipolitische Interessen verfolgen und dazu versuchen, Landwirte und Grundbesitzer zu beeinflussen. Die Bewerbungsgesellschaft muss ferner, wenn sie noch eine Chance haben will, persönlich jeden der betroffenen Grundstückseigentümer einzeln fragen und überzeugen. Immer noch bestehen zu große Vorbehalte, die aus dem Auftreten und der Tonalität der Olympia-Manager während der Anfangsphase der Bewerbung resultieren.

Scheitert die Bewerbung für die Olympischen Spiele, dann gibt es statt eines Wintermärchens einen Totentanz. Allerdings nicht für die Olympischen Spiele, die werden dann einfach andernorts stattfinden - sondern einen Totentanz im Oberland und der Region Garmisch-Partenkirchen. Die Olympia-Verweigerung wird wie ein Menetekel sein und das Interesse der sogenannten großen weiten Welt an der Region reduzieren. Als Tourismusregion leben wir im harten Wettbewerb mit Österreich und sind auf internationale Großereignisse angewiesen, die den Fokus der Welt regelmäßig hierherlenken.

Außerdem werden dann hoffentlich dringend benötigte Infrastrukturprojekte bald verwirklicht: der Ausbau der Autobahn München - Garmisch ebenso wie die Umtunnelung von Oberau und Garmisch sowie der Ausbau der Bahnstrecke. In den zurückliegenden Jahrzehnten wurde doch vor allem München aufgerüstet. Man denke nur an den neuen Flughafen im Erdinger Moos oder den kreuzungsfreien Ausbau des Mittleren Rings. Der Süden Oberbayerns hingegen wurde schon fast vergessen. Eine romantische Kulisse mit Naherholungswert, nicht mehr.

Junge Menschen wandern ab

Ein Bewusstsein, dass diese weltweit einmalige Kulturlandschaft auch Lebens- und Wirtschaftsraum für viele Menschen ist, gerät dabei zu rasch in Vergessenheit. Die demografische Entwicklung hat zur Folge, dass junge Menschen in die Metropolregionen des Freistaats abwandern. Das Internet funktioniert hier mancherorts noch immer nur im Schneckentempo. Die steigenden Arbeitslosenzahlen zeigen, dass dieser Rand der Republik dringend eine Förderung benötigt - Heimatverbundenheit alleine verschafft ja keine Zukunftschance.

Bestes Beispiel ist das Trauerspiel um jene S-Bahn-Linie, die nur bis Wolfratshausen, nicht aber bis Geretsried fährt, der größten Stadt im Landkreis Bad Tölz. Auch für diese Probleme böten die Olympischen Winterspiele 2018 eine Lösung, weil sie den zügigen Ausbau der Infrastruktur geradezu erzwingen, dauerhafte Arbeitsplätze schaffen und die Menschen wieder an ihre Heimat binden.

Egal ob man die Bewerbung um die Olympischen Winterspiele also gutheißt oder nicht: In der Region Oberland muss endlich zugepackt werden. Dazu bedarf es in den kommenden Monaten einer echten konzertierten Aktion aus Politik, Bewerbungsgesellschaft und den Menschen. Wenn es gelingt, ernten auch diejenigen die Früchte, die den Spielen als solchen nicht allzu viel abgewinnen können.

Florian Streibl, Sohn von Bayerns Ex-Ministerpräsident Max Streibl, lebt in Oberammergau. Er vertritt die Freien Wähler im Gemeinderat von Oberammergau und im Bayerischen Landtag.

© SZ vom 23.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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