Steuerpolitik:Von Tigern und Bettvorlegern

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Markus Söders Kluft zwischen Worten und Taten: Die Grünen attackieren die Steuerpolitik der CSU

Von Wolfgang Wittl, München

Markus Söder zu kritisieren, fällt derzeit gar nicht so leicht - nicht einmal dann, wenn man wie der Oppositionspolitiker Thomas Mütze die richtigen Argumente auf seiner Seite wähnt. Mit einem Faktencheck ist der finanzpolitische Sprecher der Landtags-Grünen angetreten, um "die leeren Steuerversprechen der CSU" zu entlarven. Punkt für Punkt zählt Mütze am Donnerstag auf. Jeder soll belegen, dass Bayerns Finanzminister mit allzu großspurigen Ankündigungen gescheitert ist. Dabei findet Mütze es sogar ausdrücklich gut, dass Söder mit seinen Positionen nicht durchgekommen sei. Bleibt die Frage, was an den Ergebnissen der Söderschen Politik dann überhaupt zu bekritteln ist?

Mütze, 48, ist keiner, der blind loswütet. Als Fraktionschef der Grünen hat er vor ein paar Jahren nach nur wenigen Monaten wieder aufgegeben, weil es nicht seiner Art entspricht, als Frontmann draufzuhauen. Auf die Söder-Kritik hat er sich gründlich vorbereitet. Er hat Koalitionsverträge gewälzt, alte Pressemitteilungen und Söder-Zitate hervorgekramt. Es gilt zu beweisen, dass die CSU-Finanzpolitik vergangener Jahre vor allem über Ankündigungen stattgefunden hat. Substanziell passiert sei "wenig bis nichts". Viel heiße Luft also.

Etwa die Reform der Erbschaftsteuer: Die Debatte zeige nur, sagt Mütze, dass Bayern mit seiner CSU-Regierung im Abseits stehe, auch innerhalb der Union. Söders Vorschläge würden die Schere zwischen reichen und armen Ländern lediglich weiter öffnen. Die Folgen hätte dann jedoch auch Bayern wieder auszubaden, Stichwort: Länderfinanzausgleich.

Apropos: Auch beim Länderfinanzausgleich habe der Freistaat konzeptionell wenig zu bieten - im Gegensatz zum Grün-Rot-regierten Baden-Württemberg. Dabei sei Söder von seinen ursprünglichen Forderungen bereits deutlich abgerückt: Statt jährlich höchstens eine Milliarde Euro bezahlen zu wollen, sei inzwischen nur noch die Rede davon, dass Bayern eine Milliarde weniger zu entrichten habe. Damit verzichte der Finanzminister "verbal mal eben auf drei Milliarden Euro pro Jahr".

Hätte Söder all seine Versprechen eingelöst, müsste der Freistaat einen Einnahmeverlust von 1,9 Milliarden Euro verkraften, rechnet Mütze vor - die unsichere Situation mit der angeschlagenen Hypo Alpe Adria und höhere Kosten für Flüchtlinge noch gar nicht eingepreist. "Wie das mit dem Haushalt zu vereinbaren sein soll, verstehen wir nicht." Andererseits sei der Minister ein Meister der "kreativen Wortfindung", lobt Mütze: Sperrige Formeln wie die Regionalisierung der Einkommensteuer heißen bei Söder "Bayern-Tarif", der Abbau der kalten Progression und die Erhöhung des Grundfreibetrags firmiert unter "Fleißbonus", die nicht näher definierte Absetzbarkeit von Personalkosten in kleinen Betrieben lautet "Hightech-Bonus". Auch das "Steuer-FBI", das verstärkt Jagd auf Steuerhinterzieher machen soll, sei nur ein neuer Name: Die personelle Situation der Fahnder habe sich nicht verbessert. Das Fazit, mit dem Mütze seine Einzelkritik jeweils beendet: "Erfolg Söder: null."

Söder war am Donnerstag als Heimatminister im Bayerischen Wald unterwegs, um die Behördenverlagerung in den Kommunen vorzustellen. Als Finanzminister wies er Mützes Kritik zurück: Steuerpolitik der Grünen bedeute immer Steuererhöhungen. "Wir wollen das Gegenteil." Der Freistaat verfolge eine klare Linie, sagte er.

Falls Söder seine Pläne aber ohnehin nicht durchsetzen kann: Welche steuerpolitischen Fehler sind ihm dann vorzuwerfen? Hin und wieder müsse man eben deutlich machen, dass sich hier einer nur als Macher inszeniere, sagte Mütze: Natürlich hätte man die Pressekonferenz ebenso mit "Von Tigern und Bettvorlegern" überschreiben können.

© SZ vom 10.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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