Statt Nationalpark:26,5 Millionen für Bildungszentrum

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Kritik an steigenden Kosten der Eichen-Akademie im Spessart

Von Christian Sebald, München

Noch ist das Eichen-Zentrum, das der Freistaat im unterfränkischen Spessart errichten will, nicht über das erste Planungsstadium hinaus. Aber bereits jetzt sind die Kosten für die Umweltbildungsstätte, die über die Forstwirtschaft im Spessart und die Eichen- und Buchenwälder dort informieren soll, explodiert. Ursprünglich hatte das Agrarministerium einen Rahmen von zwölf Millionen Euro genannt. Inzwischen ist die Rede von wenigstens 26,5 Millionen Euro. Das Eichen-Zentrum ist das Überbleibsel vom Streit um einen dritten Nationalpark in Bayern. Als der damalige Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) vor ziemlich genau einem Jahr den Spessart aus dem Rennen nahm, versprach er den enttäuschten Nationalpark-Fans, dass man dennoch den Naturschutz in der Region aufwerten werde. Daraus ist nun ein Eichen-Zentrum geworden. Voraussichtlich nächste Woche wird das Projekt bei der Kabinettssitzung auf der Zugspitze beschlossen. Naturschützer üben heftige Kritik an den Plänen.

Das Eichen-Zentrum ist ein Prestigeprojekt der Forstverwaltung und der Bayerischen Staatsforsten, die die Staatswälder im Spessart bewirtschaften. Sie hatten an vorderster Front gegen einen Nationalpark dort gekämpft. Ihr zentrales Argument lautete: Die Spessart-Wälder seien nur dank der seit Jahrhunderten währenden besonderen Forstwirtschaft in der Region von einer so hohen Qualität, dass sie nun für einen Nationalpark in Frage kämen. Sollte der Nationalpark aber tatsächlich eingerichtet und deshalb die Forstwirtschaft in der Region eingestellt werden, gingen die vielen einzigartigen Eichen im Spessart verloren. Forstverwaltung, Staatsforsten und andere Nationalpark-Gegner vertraten ihre Position über Monate hinweg so hartnäckig, dass Seehofer schließlich den Nationalpark-Plänen eine Absage erteilte. Das Eichen-Zentrum soll sich nun der Forstwirtschaft im Spessart und ihrer Tradition widmen.

Die Bildungsstätte wird im Hafenlohrtal auf dem früheren Hofgut Erlenfurt eingerichtet. Das Hafenlohrtal ist ein stilles Seitental des Main, die Wälder dort zählen zu den wertvollsten im Spessart. Der Talgrund ist ein einzigartiger Lebensraum für seltene Käferarten und Amphibien. Das Hofgut ist ein alter, zum Teil sehr baufälliger Vierseithof. In seinem Hauptgebäude soll eine Ausstellung über die "Erlebniswelt Eiche" eingerichtet werden. Dazu plant das Agrarministerium eine Akademie "Wald und Gesellschaft", an der Lehrer, Umweltschützer und andere Interessierte Fortbildungen zum Thema Wald absolvieren können sollen. Die Akademie soll auch Übernachtungszimmer anbieten.

Die Kritik an den Plänen entzündet sich daran, dass die vielen Millionen einzig in eine Bildungsstätte fließen. "Wir haben fest an das Versprechen geglaubt, dass von all dem Geld auch etwas für den Naturschutz im Spessart abfällt", sagt Bernd Kempf von den "Freunden des Spessart", die sich für einen Nationalpark eingesetzt hatten. "Aber das ist offenkundig nicht der Fall." Tatsächlich gibt es keine Pläne für eine Ausweisung neuer oder die Erweiterung bestehender Naturschutzgebiete in der Region. "Einen offiziellen Schutzstatus haben nur 400 Hektar Wald im Spessart", sagt Kempf, "bei einer Gesamtfläche von 100 000 Hektar Wald, von denen 42 000 Hektar dem Freistaat gehören, ist das eine beschämende Bilanz." Außerdem werfen die Naturschützer den Staatsforsten vor, im Spessart nach wie vor viele alte Bäume zu fällen, die eigentlich längst unter Schutz gestellt gehörten. Die "Freunde des Spessart" fordern die Umsetzung des Konzeptes, das der Bund Naturschutz und der Landesbund für Vogelschutz im Dezember 2017 präsentiert haben. Es sieht einen Verbund vieler neuer Schutzgebiete vor, die sich auf 9000 Hektar Gesamtgröße addieren würden.

© SZ vom 26.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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