Stadtentwicklung:Nürnberg plant riesiges Neubaugebiet

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  • Mitten in Nürnberg, auf einem ehemaligen Güterbahnhof, entsteht ein neues Wohnviertel.
  • Das Gebiet ist ungefähr so groß wie die gesamte Altstadt. 2018 oder 2019 könnten dort die ersten Menschen in ihre Wohnungen einziehen.
  • Ein Drittel der Fläche in Lichtenreuth wird für Grünflächen reserviert.

Von Katja Auer

Nürnberg ist eingeklemmt. Da ist Fürth im Nordwesten und das Knoblauchsland im Norden mit seinen vielen Gewächshäusern und Gemüsefeldern. Im Osten dann der Reichswald, der wie die Stadt selbst von der Pegnitz geteilt wird, in den Sebalder Reichswald im Norden und den Lorenzer Reichswald im Süden.

Es ist also kein Platz mehr rundherum, will der Nürnberger Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) sagen, große Neubaugebiete am Stadtrand sind einfach nicht drin. Deswegen wird nun mitten in der Stadt ein neues Viertel gebaut.

Wettbewerb ohne Sieger

Nürnberg bekommt einen neuen Stadtteil, Lichtenreuth, der Name steht schon fest, bevor der erste Spatenstich getan ist. Auf dem Areal des ehemaligen Güterbahnhofs im Süden der Stadt sollen 90 Hektar bebaut werden, ein Gelände, das ungefähr so groß ist wie die gesamte Altstadt.

Nun stehen die Gewinner des Planungswettbewerbs fest, allerdings gibt es keinen eindeutigen Sieger. Die Jury vergab drei zweite Preise, nun muss nachgearbeitet werden.

"Das ist für lange Zeit die letzte Entwicklungsfläche in der Stadt", sagte Maly, der selbst der Jury angehörte. Weil das so ist, sollen auf dem Areal nicht ein paar Einfamilienhäuser mit großen Gärten entstehen, sondern ein urbanes Mischgebiet, in dem sowohl gewohnt als auch gearbeitet werden soll.

"Wollen wir Fläche besiedeln oder bauen wir Stadt?", sei die Kernfrage gewesen, sagt Maly, und die Antwort sei eindeutig ausgefallen: Stadt soll gebaut werden in Lichtenreuth, schließlich wird auch in Nürnberg der Wohnraum knapper und teurer.

Der Wohnraum wird knapp

Und Maly will auch in seiner Stadt vermeiden, wovor er als Städtetagspräsident für ganz Deutschland warnt: Dass gerade die günstigen Wohnungen knapp werden und die immer mehr Asylbewerber auf dem Immobilienmarkt konkurrieren mit Geringverdienern, mit Alleinerziehenden, Rentnern oder Sozialhilfeempfängern. Es muss also mehr gebaut werden, fordert Maly.

Dieser Aspekt soll auch in Lichtenreuth berücksichtigt werden, so weit ist es allerdings noch längst nicht. Zunächst sollte der Wettbewerb die Grundlagen für den Bebauungsplan liefern, den die Stadt noch in diesem Jahr aufstellen soll.

Eigentümerin des 90-Hektar-Areals ist das bundesweit agierende Immobilienunternehmen Aurelis. Sie will das Nürnberger Areal in vier Abschnitten bebauen.

Das Gelände liegt nicht völlig brach, auch wenn die Gleisanlagen beinahe komplett zurückgebaut wurden. Dennoch gibt es Gewerbe dort, beispielsweise die Druckverarbeitung Nürnberg. Die Betriebe sollen in die neuen Pläne integriert werden.

"Terra incognita" nennt Maly das Gelände, das südlich der Altstadt und östlich der Siedlung Hasenbuck und nahe dem Dutzendteich liegt, das die Nürnberger als Naherholungsgebiet nutzen. Ein neuer Stadtteil mitten in der Stadt also.

Dass die Jury keinen eindeutigen Sieger kürte, bezeichnete der Vorsitzende, Architektur-Professor Franz Pesch, als übliches Vorgehen. "Damit signalisieren wir, dass das Ziel nicht voll erreicht wurde", sagte er, als die Gewinner vorgestellt wurden.

Dennoch seien drei "herausragende Arbeiten" vorgelegt worden. Nun sollen die Planungsbüros ihre Ideen bis zum Juli überarbeiten, dann wird die Jury ein weiteres Mal zusammenkommen. Noch in diesem Jahr sollen im Rathaus dann die notwendigen Beschlüsse gefasst werden. 2018 oder 2019 könnten möglicherweise die ersten Bewohner einziehen.

Platz für Wohnungen, Gewerbe und Parks

Stadt und Eigentümerin hatten sich auf eine Drittelung des Areals geeinigt: Ein Drittel Wohnen, ein Drittel Gewerbe, ein Drittel Grünfläche. In einem ersten Bauabschnitt sollen neue Wohnungen entstehen, danach in zwei Modulen Gebiete für Gewerbe und Dienstleistung.

Und schließlich sieht das Konzept eine Jokerfläche vor, die erst in frühestens zehn Jahren entwickelt werden soll und dann, je nach Bedarf, für Wohnungen oder Gewerbe genutzt werden könnte.

Das Büro "Astoc" aus Köln plant für Lichtenreuth einen zentralen Stadtpark, der sich von Ost nach West durch das Gelände zieht. Er entwickle allerdings "noch keine eigene Charakteristik", bemängelte die Jury. Auch sei es unwahrscheinlich, dass die Idee, alle Stellplätze für die Autos der Bewohner in Tiefgaragen unterzubringen, wirtschaftlich realisierbar sei.

Anbindung mit der Straßenbahn

Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist das Gelände an der Brunecker Straße bisher schlecht zu erreichen, die U-Bahn liegt zu weit weg, so dass nun geplant ist, die Straßenbahn in den neuen Stadtteil zur verlängern.

Eine zweite Arbeit von Schellenberg & Bäumler Architekten aus Dresden sieht einen Stadtgarten von Norden nach Süden vor, den die Jury lobt, allerdings liege die Straßenbahn ungünstig und der Lärmschutz sei nicht gut berücksichtigt.

Der dritte Vorschlag des Büros "West8" aus Rotterdam schließlich verbindet Lichtenreuth am besten mit den schon bestehenden Stadtteilen. Die Idee für das Wohngebiet mache "die besondere Qualität des Entwurfs" aus, urteilt die Jury, allerdings entstehe ein etwas ungünstig zugeschnittenes Gewerbegebiet.

Insgesamt kamen die Pläne der Niederländer wohl am besten an, zumindest liest sich die Bewertung entsprechend. Man hoffe auf eine qualitätsvolle Weiterentwicklung, "die Grundstruktur bietet das entsprechende Potenzial".

© SZ vom 11.5.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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