Sprichwörter-Ausstellung:Vom "Bäre", der kein Tier war

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Rolf-Bernhard Essig hat die Ohren gespitzt wie es Katzen und Hunde tun, um Redensarten aufzuschnappen und sie zu erklären. (Foto: Daniel Karmann/dpa)
  • Der Bamberger Germanist und Autor Rolf-Bernhard Essig hat eine Ausstellung kuratiert, die zeigt, woher Sprichwörter kommen und was sie bedeuten.
  • Es geht um Tierisches, altertümliche Rechtsprechung und so manches anzügliche geflügelte Wort.
  • Rund vier Monate ist die Ausstellung im Nürnberger Museum für Kommunikation zu sehen.

Von Katja Auer, Nürnberg

Wie Schuppen fällt es einem von den Augen im Nürnberger Museum für Kommunikation, dass man die Ohren gar nicht besonders spitzen und auch nicht sehr viel auf der Pfanne haben muss, damit einem das Licht aufgeht, wie viele Sprichwörter und Redensarten sich in den Sprachgebraucht gemischt haben. Was für die einen besonders gebildet und eloquent klingt, geht den anderen recht auf die Nerven, wenn jemand ein geflügeltes Wort an das andere reiht. Dass es aber so ist, dass Sprichwörter die Sprache prägen, lässt sich kaum bestreiten. Der Bamberger Germanist und Autor Rolf-Bernhard Essig beschäftigt sich intensiv mit Redensarten und hat nun eine unterhaltsame Ausstellung kuratiert, die zeigt, woher die Sprichwörter kommen und was sie bedeuten.

Dabei verhält er sich ganz und gar nicht wie der Heidelberger Student Viktor Hase, der zum Namensgeber eines bekannten Sprichwortes wurde, weil er nicht verraten wollte, was er wusste. Rolf-Bernhard Essig teilt sein Wissen und wählte " Mein Name ist Hase" als Titel für die Ausstellung. 1854 weigerte sich jener junge Mann, vor Gericht einen anderen zu verpfeifen. Er sagte: "Mein Name ist Hase, ich verneine die Generalfragen. Ich weiß von nichts." Schnell wurde die Antwort in Kurzform zum Allgemeingut. Mit dem Angsthasen hat dieser Kerl freilich nichts zu tun, obwohl viele andere Redensarten von Tieren handeln.

Von Schweinen, Böcken und Bären

Vom Schwein zum Beispiel, das gemeinhin als Glückssymbol gilt. Dabei war jemand, der ein Schwein hatte, auf den Schützenfesten früher eindeutig als Versager zu erkennen, weil das Ferkel ebenso wie ein Bock ein Trostpreis für besonders schlechte Schützen war. Wer einen Bock geschossen hatte, war allerdings schlechter dran als der mit dem Schwein, schließlich war das ein begehrtes Nutztier. Glück gehabt also. Etwas lyrischer klingt die Bezeichnung des letzten Werkes eines Komponisten als Schwanengesang. Das soll in der Antike gründen, als dem Schwan prophetische Fähigkeiten zugeschrieben wurden. Er soll seinen Tod ahnen und davor einen herrlichen Gesang anstimmen.

Die Redensart, dass man jemandem einem Bären aufbindet, wenn man ihm etwas weismacht, geht dagegen wohl auf eine falsche Deutung des mittelhochdeutschen Wortes "Bäre" zurück, das nicht das Tier meint, sondern eine Last. Wer jemanden täuscht, bindet ihm also eine Last auf.

Das Handwerk bot ebenfalls Anregungen für zahlreiche Sprichwörter. " Schuster, bleib bei deinem Leisten" geht auf eine antike Anekdote zurück, wie der Ausstellungsbesucher erfährt, während er vor einem fränkischen Schusterleisten steht. So beschreibt Plinius der Ältere, wie ein Schuster auf einem Bild des berühmten Hofmalers Appelles einen von diesem gemalten Schuh kritisiert. Der Maler beseitigt den Fehler, aber der Schuster mäkelt weiter, nicht mehr nur am Schuh. "Ne sutor supra crepidam!", soll Appelles daraufhin gerufen haben, "Nicht über die Sandale (hinaus), Schuster!"

Steine sind dankbare Zuhörer

Der Begriff " Fersengeld geben", wenn sich jemand eilig davon macht, kommt dagegen aus der Rechtssprache des Mittelalters. Im Sachsenspiegel, einer Gesetzessammlung, war festgeschrieben, dass die Frauen der Wenden, eines slawischen Volksstammes, ihre Männer verlassen durften, wenn sie ihnen dafür einen finanziellen Ausgleich zahlen. Ein Fersengeld.

Kratzers Wortschatz
:Was hat das Kaffeehaus denn getan?

Oder warum verbinden es manche im Ausruf mit einem kräftigen "Varreck"? Des Weiteren: Gruamzinsler, Huisnblasi oder duddade Dirn - eine Auswahl aus der bairischen Sprache.

Von Hans Kratzer

Hinter einem kleinen roten Vorhang erfährt der Besucher, woher die etwas anstößigeren Redensarten stammen. Wenn ein Frau ihrem Mann Hörner aufsetzt etwa, macht sie ihn zum Ziegenbock. Der nämlich duldet es, dass ein anderes Männchen seine Ziegen deckt.

Sogar über typische Nürnberger Sprichwörter klärt die Ausstellung auf. Ein sehr praktisches ist darunter, wenn man das Gschmarri, also das dumme Geschwätz des Gegenüber nicht mehr aushalten kann. Dann könnte man ihn freundlich darauf hinweisen: " Das kannst dem auf der Fleischbrüggn derzelln". Gemeint ist der steinerne Ochse auf der Fleischbrücke, der das Gerede sehr stoisch über sich ergehen lassen wird.

Mein Name ist Hase! Redewendungen auf der Spur. Bis 5. Juni. Museum für Kommunikation, Lessingstr. 6, Nürnberg. Di-Fr 9-17 Uhr, Sa, So 10-17 Uhr.

© SZ vom 22.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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