SPD und Grüne im Gespräch:Rot-grünes Techtelmechtel

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Erst traf sich der bayerische SPD-Spitzenkandidat Ude mit Freie-Wähler-Chef Aiwanger, nun lotet er mit Margarete Bause von den Grünen Gemeinsamkeiten aus. Doch Aufbruchsstimmung will trotz der Liebesbekundungen zwischen den potentiellen Koalitionspartnern nicht so recht aufkommen.

Frank Müller

In Bayern wird das Phänomen der vorgezogenen Koalitionsverhandlung immer populärer. Längst schon warten die Parteien nicht mehr die Wahlergebnisse ab, um sich danach über Bündnisse zu verständigen. Der Trend geht klar zur Vorabverhandlung.

Spitzengespräch von SPD und Grünen in Bayern. Der SPD-Spitzenkandidat für die Lantagswahl und Oberbürgermeister von München, Christian Ude, und die Spitzenkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen, Margarete Bause, unterhalten sich in einem Biergarten in München. (Foto: dpa)

Am Donnerstagnachmittag war es bei Grünen und SPD soweit: In größeren Delegationen trafen sich die beiden in München mehr als zwei Stunden lang in der Wirtschaft mit symbolträchtigem Namen: "Unionsbräu". Mit dabei alles, was auf beiden Seiten Rang und Namen hat: die Spitzenkandidaten Christian Ude (SPD) und Margarete Bause (Grüne), dazu Partei- und Fraktionsspitzen.

Gesprächsbedarf bestand durchaus. Denn trotz vielerlei Aufbruchbeschwörungen scheint Rot-Grün auf dem Weg an die Macht mit dem gemeinsamen Wunschpartner Freie Wähler bislang nicht recht voranzukommen. In der vergangenen Woche ergab eine Emnid-Umfrage einen Fünf-Punkte-Vorsprung der CSU vor dem Dreier-Bündnis.

Ein Patt würde sich bestenfalls ergeben, wenn man die Piraten, die bei fünf Prozent liegen, noch ins Boot nähme. Dann stünde es derzeit 46 zu 46 - für Ude trotzdem eine zufriedenstellende Ausgangsbasis.

Doch vorsorglich zog der Münchner OB nach dem Treffen eine klare Linie: "Völlig einig" seien sich beide Seiten darin, das eine Koalition mit den Piraten nicht in Frage komme. Und wenn es bislang keine rechte Aufbruchstimmung gegeben habe, dann sei das nun zumindest anders, konstatierte Ude: "ein Aufbruch zu eineinhalb Jahren intensiver Zusammenarbeit".

CSU-Opposition als Ziel

Auch Margarete Bause registrierte viele Gemeinsamkeiten: vom Wegfall der Studiengebühren über Integrations- und Schulpolitik bis zum Thema Finanzen. Bei vielen Themen habe man schnell "den Haken dahintergesetzt", sagte Bause. Bei anderen wie dem Ausbau des Münchner Flughafens bestünden die Differenzen fort. Beide Seiten wollen nun auch koalitionsähnlich zusammenarbeiten.

Angekündigt wurden gemeinsame Veranstaltungen gegen den Rechtsextremismus und eine Arbeitsgruppe, in der mögliche Verfassungsänderungen gemeinsam diskutiert werden. In die wollen SPD und Grüne möglichst auch die Freien Wähler einbinden. Ude rechnet allerdings weiter damit, dass die einen eigenständigeren Kurs fahren.

Andere Bündnisse nach der Landtagswahl im Herbst 2013, etwa eine große Koalition oder Schwarz-Grün, schlossen Ude und Bause nicht aus. Sie würden aber nicht angestrebt, sagten beide. Bause meinte, daran, die CSU in die Opposition zu schicken, "arbeite ich schon seit 25 Jahren, und mir dies entgehen zu lassen - nie im Leben."

Doch an der Wechselstimmung muss noch gearbeitet werden. "Der Regierungswechsel liegt nicht zwangsläufig in der Luft", gab SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher vor dem Treffen zu. Bei den Grünen sehen wiederum manche mit Sorge, dass die SPD unter ihrem Münchner Spitzenkandidaten Ude sich zu sehr auf die Landeshauptstadt verenge.

Fast schon Politiktourismus

Dies komme nicht in ganz Bayern gut an, befürchten die Grünen. "Wir brauchen einen gesamtbayerischen Wahlkampf von Aschaffenburg bis Berchtesgaden", appellierte der Grünen-Landeschef Dieter Janecek. Das fand Rinderspacher wiederum unverständlich. Es gebe keine dezentralere Kraft in Bayern als gerade die SPD, meinte er.

Die Grünen wollen vor allem mehr Engagement beim Thema Energiewende. "Es muss jetzt inhaltlich nach vorne gehen", sagt Janecek. Denn es gilt ja nicht nur die rot-grüne Linie zu regeln. Auch Hubert Aiwangers Freie Wähler wollen gepflegt sein.

Zwischen Ude und Aiwanger hat sich mittlerweile fast schon Politiktourismus entwickelt: Erst besuchte Ude Aiwanger daheim in Niederbayern und besichtigte seinen Hof. Dann kam der Gegenbesuch, bei dem sich Aiwanger von Ude die Stadt zeigen ließ. Zu denen, die das belustigte, gehört auch Ministerpräsident Horst Seehofer.

Für ihn könnte ebenfalls eine Koalition mit den Freien Wählern in Frage kommen. Auch er habe sich schon mit Aiwanger getroffen, erzählt Seehofer daher dieser Tage gern, um etwas Unruhe in der Opposition zu stiften. Aber er mache um solche Treffen nicht soviel Aufhebens.

© SZ vom 30.03.2012/ehm - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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:Staatsbesuch in Schwabing

Auf Du und Du sind Christian Ude und Hubert Aiwanger schon seit ihrem Treffen auf dem Hof des Freie-Wähler-Chefs in Niederbayern. Nun vertiefen sie ihren Koalitionsflirt zu Hause beim Münchner OB in Schwabing. Mit Ferkeln muss sich Aiwanger dort nicht rumschlagen, dafür wartet das Stadtleben mit anderen Abenteuern.

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