Soziales:Insolvenz bei Diakonie Passau: Soziale Träger unter Druck

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Ein Kugelschreiber liegt auf einem Antrag zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. (Foto: Jonas Walzberg/dpa/Illustration)

Schon seit langem warnen Wohlfahrtsverbände: Gestiegene Kosten und Personalmangel bedrohen die soziale Arbeit in Deutschland. Nun geht ein Träger in die Insolvenz. Folgen weitere?

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Passau/Nürnberg (dpa/lby) - Die Kosten steigen, das Personal ist knapp: Wohlfahrtsverbände schlagen schon seit längerem Alarm. Nun hat das Diakonische Werk Passau ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eingeleitet und wirft damit ein Schlaglicht auf die Nöte der Branche.

Die Kosten seien enorm gestiegen. Man habe schon seit längerem damit begonnen, Strukturen zu verändern, teilte die geschäftsführende Vorständin Sabine Aschenbrenner mit. „Wir haben aber jetzt einen Punkt erreicht, an dem unsere zunehmend schwieriger werdende finanzielle und organisatorische Lage ein noch weitergreifendes Handeln erforderlich macht.“

Das Problem der gestiegenen Kosten und des Personalmangels beschäftigt landauf, landab die sozialen Träger. „Das sind Dinge, die flächendeckend passieren“, sagte der Sprecher der Diakonie Bayern, Daniel Wagner, am Donnerstag in Nürnberg. Es sei in vielen Bereichen „fünf nach zwölf“.

Bereits im September hatte die bayerische Diakonie-Präsidentin Sabine Weingärtner als Vorsitzende der Freien Wohlfahrtspflege Bayern gewarnt: massiver Personalmangel führe zur Einschränkung von Leistungen und Schließungen von Stationen oder ganzer Einrichtungen. „Am Ende droht die Insolvenz.“ Die hohen Inflationsraten belasteten die sozialen Träger. „Die Anbieter aller sozialen Dienste - und damit auch die Politik - stehen vor den größten Herausforderungen ihrer Geschichte.“

Durch Schließung von Teilbereichen etwa in der Altenpflege fehlen den Einrichtungen Einnahmen, da sie Plätze nicht nutzen können. Zudem können vor allem einige Beratungsangebote nicht kostendeckend betrieben werden, wie etwa Schuldnerberatung.

Man stehe mit allen Trägern in Kontakt und versuche zu unterstützen und zu begleiten, sagte Wagner. Insolvenz wie im Fall Passau klinge zwar im ersten Augenblick dramatisch, jedoch sei es ein Instrument, um sich zu sortieren und neu aufzustellen. Man begreife das Verfahren auch als Chance, um gestärkt daraus hervorzugehen. Die Versorgung der Menschen im Bereich der Diakonie Passau seien sichergestellt, auch die Arbeitsplätze seien sicher.

Die Diakonie Passau mit etwa 75 Mitarbeitenden unterhält unter anderem ambulante Pflegedienste, Wohngemeinschaften, einen sozialpsychiatrischen Dienst sowie verschiedene Beratungsstellen zum Beispiel für Flüchtlinge, Schuldner oder Familien. Der vorläufige Sachwalter Marc Zattler sagte laut Mitteilung: „Das Diakonische Werk Passau nutzt mit der Eigenverwaltung ein hochwirksames Sanierungsverfahren, das die Zukunft der diakonischen Dienste und Leistungen und somit auch die Arbeitsplätze weiter sichern soll.“

Zur Diakonie im Freistaat gehören 1300 Mitgliedsorganisationen, davon sind etwa 700 Kindertageseinrichtungen. Dazu kommen 600 rechtlich eigenständige Träger vom kleinen lokalen Diakonieverein bis hin zu großen Playern wie Diakoneo Neuendettelsau oder der Rummelsberger Diakonie. Unter dem Dach der Diakonie in Bayern arbeiten knapp 100.000 Menschen in 3000 Einrichtungen. In der Diakonie zusammengefasst ist die soziale Arbeit der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Bayern. Laut deren Haushalt hat die Kirche im Vorjahr 28,4 Millionen Euro für „Diakonisches Handeln“ ausgegeben.

© dpa-infocom, dpa:231109-99-880416/3

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