Seehofer beim Parteitag in Nürnberg:CSU stark, alle anderen schwach

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CSU-Chef Horst Seehofer winkt nach seiner Rede beim Parteitag den Delegierten zu. (Foto: dpa)
  • In seiner Rede auf dem CSU-Parteitag lobt Ministerpräsident Horst Seehofer die bayerische Politik. Die CSU sei bei vielen Themen Vorreiter.
  • Der CSU-Chef sorgt sich um seine schwächelnde Schwesterpartei, die CDU, weil sie nur noch in wenigen Landesregierungen das Sagen habe.
  • In Kanzerlin Merkel setzt Seehofer hingegen Hoffnung. Er wünscht sich eine weitere Amtszeit für sie und hält eine absolute Mehrheit für die Union für möglich.

Von Ingrid Fuchs, Nürnberg

Bescheidenheit ist nicht die Stärke des Horst Seehofer. "Der Mythos CSU ist zurück" - so steigt der CSU-Chef in seine Rede auf dem Parteitag in Nürnberg ein. Er spricht vom "Goldenen September", wenn er die bayerische Landtagswahl 2013 meint, in der seine Partei die absolute Mehrheit zurückerobert hat. Er setzt die Partei mit Bayern gleich. Und er sagt Sätze wie: "Die CSU ist gut drauf, bestens in Schuss und bärenstark."

Seehofer steht auf der Bühne in der Nürnberger Messehalle. Links und rechts im Saal hängen riesige Leinwände, damit alle Delegierten das Geschehen mitverfolgen können. Doch es wirkt, als würde Seehofer übermächtig auf seine Delegierten herabblicken.

Seehofers Stimme klingt zunächst noch etwas belegt, schwach. Angeschlagen von einer schweren Erkältung, die den CSU-Chef zwang, wichtige Termine abzusagen. Seine Partei musste in den vergangenen Wochen viel Spott über sich ergehen lassen, da war die Sache mit der ungeliebten Pkw-Maut, Seehofers eigener Wendekurs bei der Energiewende, der umstrittene CSU-Kurs in der Flüchtlingspolitik und rechtspopulistische Ausfälle gegen Migranten.

CSU-Parteitag in Nürnberg
:Gut drauf! Bärenstark! Bestens in Schuss!

Beim CSU-Parteitag in Nürnberg lobt Parteichef Seehofer sich selbst und seine CSU. Mütterrente, Betreuungsgeld, Schwarze Null - alles hat irgendwie die CSU geschafft. Und Seehofer kündigt gleich das nächste Projekt an, mit dem er die Koalition in Berlin unter Druck setzen will.

Wie geht der bayerische Ministerpräsident auf dem Parteitag mit diesen Schwächen um? Ganz einfach: Er geht in die Offensive, er umschmeichelt die Delegierten, er singt sein Loblied auf die Stärke der CSU. Andere Meinungen? Interessieren Seehofer nicht, stattdessen setzt er auf Konfrontation.

Und bei der Pkw-Maut funktioniert seine Strategie, ausnahmsweise muss sich Seehofer bei diesem Thema nicht mehr ärgern. Im Gegenteil: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) räumt der Maut bei ihrem Besuch auf dem Parteitag am Freitag gar "gute Chancen" ein - mit kleinem Vorbehalt. Der Gesetzentwurf solle am 17. Dezember im Bundeskabinett behandelt werden. "Alexander Dobrindt hat da mein Wort, es sei denn, es tauchen ganz neue Aspekte auf", so die Kanzlerin.

Stromtrassen für Bayern? Mal schauen

Nicht ganz so glatt läuft es bei der Energiewende. Klare Ansage von der Kanzlerin: Ohne neue Stromtrassen geht es nicht. Doch Seehofer pariert noch in Merkels Anwesenheit. Und in seiner Rede am Samstag betont er erneut, dass sich die Frage der Trassen für ihn nicht stelle. "Unsere Bevölkerung will den Kern der Stromproduktion in Bayern haben", so Seehofer. Er werde alles daran setzen, den Wunsch der Bürger "mit Zähnen und Klauen zu verteidigen".

Auch bezüglich des Länderfinanzausgleichs präsentiert sich der CSU-Chef unnachgiebig. Sollten in den Verhandlungen keine spürbaren Entlastungen für Bayern herausspringen, werde er nicht unterschreiben. Fertig. Diskussion beendet. In die Richtung des CDU-Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder, der als Gast bei den Delegierten sitzt, sagt Seehofer: "Das hörst du jetzt vermutlich nicht so gerne, Volker."

Bei der Flüchtlingspolitik wird Seehofer emotionaler - und im Anschluss an die Rede auch persönlich. Zumindest gegen Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter:"Fängt der Anfänger Hofreiter zum Parteipolitisieren an", ätzt Seehofer.

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Der Grund für seinen Zorn: Hofreiter hatte sich am Freitag erdreistet, im Zusammenhang mit dem Brandanschlag im fränkischen Vorra die CSU vorsichtig zu kritisieren. Der mutmaßlich rechtsextreme Hintergrund der Brandanschläge in Vorra sollte die CSU wirklich wachrütteln, zitiert die Neuen Osnabrücker Zeitung Hofreiter. Die Christsozialen hätten in den vergangenen Monaten mit wiederholten populistischen Vorstößen - vom Sozialtourismus bis zur Deutschpflicht - zu einer Verschärfung des Meinungsklimas beigetragen.

Und Seehofer? Dreht den Spieß einfach um. Die Anschuldigungen kämen in einer Stunde, in der "eigentlich alle Demokraten den rechten Dumpfbacken die Stirn bieten müssen". In der CSU habe seit 40 Jahren niemand etwas mit Rechtsradikalismus zu tun, schiebt Seehofer hinterher. "Das ist völliger Quatsch."

Auf die SPD ist er wegen der rot-rot-grünen Koalition in Thüringen nicht gut zu sprechen. Da ist Seehofer auf einer Linie mit Merkel, da schlägt er ganz ähnliche Töne an wie die Kanzlerin. Der SPD wirft er eine "fast würdelose Unterwerfung" vor - auch vor einer Koalition mit der Linken im Bund würden die Genossen nicht zurückschrecken.

Umso wichtiger sei es, dass die Schwesterparteien CDU und CSU nun zusammenhielten: "Die Union muss so stark sein, dass gegen uns nicht regiert werden kann." Was das heißt? Seehofer gibt das Ziel aus, dass die Union mit Merkel bei der Bundestagswahl 2017 die absolute Mehrheit erzielen müsse.

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Nur: Die CDU schwächelt, das bereitet Seehofer Sorge. Als er Ministerpräsident in Bayern geworden sei, habe er noch mehrere CDU-Ministerpräsidenten als Kollegen gehabt, doch sie werden weniger. Für die Union reiche es auf Dauer nicht, zwar im Bund zu regieren, wenn sie darunter nur einen "Rumpf" hätten, bei dem sie nicht einmal mehr als ein Drittel der Länder führe.

Seine Hoffnung: Angela Merkel. Der Kanzlerin traut Seehofer 50 plus X zu. Und dann gerät der Parteichef regelrecht ins Schwärmen: "Mit dieser Form - national und international, mit diesem Respekt, mit dieser natürlichen Autorität" werde die Kanzlerin bei der Bundestagswahl noch ein kleines bisschen besser sein als die CSU bei der vergangenen Landtagswahl. Wenn das mal kein Kompliment ist.

Und die CSU? Kann die ohne Seehofer stark sein? Bislang hat sich der CSU-Chef nicht so ganz genau geäußert, ob er sich eine weitere Amtszeit vorstellen könne. Dazu nur so viel: "Ich habe das zweitschönste Amt nach dem Papst".

Aber das gilt wohl nur innerhalb der Grenzen Bayerns.

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