München (dpa/lby) - Während eine Schule in Baden-Württemberg den Schülern einen späteren Schulstart ermöglicht, hat das bayerische Kultusministerium den üblichen Unterrichtsbeginn im Freistaat verteidigt. Es habe sich bewährt, dass der Unterricht vielerorts gegen 8 Uhr beginne, teilte das von den Freien Wählern geführte Ministerium am Mittwoch auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Eltern hätten dadurch die Gewissheit, dass ihre Kinder zu einheitlichen Zeiten betreut würden. Ein späterer Schulbeginn könne außerdem das außerschulische Engagement der Kinder beeinträchtigen, wenn diese erst später aus der Schule kämen.
Die siebte Klasse eines Gymnasiums in Plochingen in Baden-Württemberg testet seit dieser Woche ein Gleitzeitmodell für den Schulbeginn. Schülerinnen und Schüler können an zwei Wochentagen selbst entscheiden, ob sie regulär um 7.50 Uhr oder erst um 9.40 Uhr in die Schule kommen wollen. Für diese Gleitzeit bekommen die Siebtklässler dann Aufgaben, die sie entweder unter Aufsicht in der Schule oder zu einem anderen Zeitpunkt zu Hause abarbeiten müssen. Über den Gleitzeit-Versuch hatten zuvor mehrere Medien berichtet - Bayerns Kultusministerium wollte den Test nicht bewerten.
Der Landesschülerrat (LSR) in Bayern sieht in einem Gleitzeitmodell Potenzial. „Wir sind der Überzeugung, dass ein späterer Schulbeginn die Schülerinnen und Schüler ausgeschlafener, aufnahmefähiger und leistungsbereiter machen könnte“, teilte der LSR mit. Der Rat kritisiert, dass Erkenntnisse aus der Schlafforschung nicht genug berücksichtigt würden.
Auch der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) sieht den Versuch in Baden-Württemberg positiv und wünscht sich in Bayern eine aufgeschlossene Debatte über einen flexibleren Schulbeginn. Die BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann kann sich vorstellen, dass ein solches Modell Schülerinnen und Schüler leistungsfähiger macht. Wenn lernen im Freistaat modern gestaltet werden solle, müsse das auch strukturelle Konsequenzen haben, sagte Fleischmann der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch.
Anders sieht es der Bayerische Realschullehrerverband (BRLV). „Die Kolleginnen und Kollegen brauchen Entlastung und keine zusätzlichen Mammut-Verwaltungsaufgaben, die den gesamten Schulbetrieb ins Chaos stürzen“, zitierte der Verband seinen Vorsitzenden in einer Mitteilung. Der BRLV halte die Gleitzeitmodelle nicht für praktikabel und lehne sie deshalb ab.
Für eine Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen sieht das Kultusministerium keinen Handlungsbedarf. An bayerischen Schulen sei der Schulbeginn ohnehin bereits jetzt flexibel geregelt und werde von den Schulen selbst festgesetzt. So könnten die Gegebenheiten vor Ort bestmöglich berücksichtigt werden.
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