Schneechaos in Bayern:Wie lebt es sich in einem eingeschneiten Dorf?

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Jachenau am Walchensee ist seit dem Wochenende weitgehend von der Außenwelt abgeschnitten. Der Bürgermeister des Orts hat schon viele verschneite Winter miterlebt - aber so extrem war es noch nie.

Interview von Merlin Gröber

In der Jachenau im Isarwinkel herrscht das Winterchaos. Seit dem Wochenende ist die Ortschaft zwischen Walchensee, Jochberg und Oberer Isar eingeschneit. Eis, Schnee und umgestürzte Bäume versperren die Hauptstraße. Eine kleine Mautstraße ist die einzige Verbindung zur Außenwelt. Mit schwerem Gerät wird sie mühsam für Notfälle freigehalten. Bürgermeister Georg Riesch über seinen Kampf gegen die Elemente und einen Milchwagen, der dem Unwetter trotzt.

SZ: Herr Riesch, Ihr Dorf ist von der Außenwelt weitgehend abgeschnitten. Was ist da los?

Georg Riesch: Es hat geschneit und der Altschnee ist an den Bäumen festgefroren. Der nasse Schnee, der letztes Wochenende dazugekommen ist, blieb dann auch noch in den Bäumen hängen. Das hat viele Bäume umgeknickt und die hängen jetzt in die Straße rein. Die Zufahrtsstraße in den nächsten Ort nach Lenggries ist daher gesperrt. Die Mautstraße Richtung Einsiedl ist allerdings noch bedingt befahrbar. Die Strecke geht durch den Wald und am Walchensee entlang. Da hängen auch Bäume in die Straße, die konnten wir aber wegräumen. Wenn es nicht lebenswichtig ist, sollte da trotzdem keiner rausfahren.

Was tun Sie, um eine sichere Verbindung nach draußen wiederherzustellen?

Wir sind mit einem Harvester, einer großen Holzfäller-Maschine, rein und haben versucht, die Hauptstraße Richtung Lenggries wieder freizuräumen. Der Harvester schneidet die umgefallenen Bäume raus und macht sie auf die Seite. Den Einsatz mussten wir aber abbrechen, das wurde zu gefährlich. Es können immer wieder Bäume umstürzen.

Seit dem Wochenende sind Sie eingeschneit. Wie ist denn die Stimmung im Dorf?

Momentan ist jeder beschäftigt mit Schneeschaufeln. Pendler haben sich ein paar Tage Urlaub genommen. Viele Dorfbewohner bieten uns ihre Hilfe an. Die Leute sind sehr aktiv und halten zusammen. Auch die Versorgung ist gesichert. Das Rote Kreuz stellt uns jetzt sogar einen Krankenwagen ins Dorf. Das ist wichtig, falls das Wetter noch schlechter wird und auch die Notstrecke gesperrt bleibt. Wer nicht Schnee schaufelt, kann Schlitten fahren. Die Schule und der Kindergarten sind geschlossen. Dafür hat sich der Liftbetreiber im Ort bereit erklärt, dass er seinen Lift anschaltet. Normalerweise läuft der nur am Wochenende. Die Kinder haben damit eine Riesenfreude.

Georg Riesch, Bürgermeister der Gemeinde Jachenau: "So was habe ich noch nie erlebt." (Foto: Manfred Neubauer)

Die Kinder sind also die Gewinner des Schneechaos.

Ja, das kann man sagen. Vielleicht würden sie auch lieber in die Schule gehen, aber ich denke, momentan sagen sie sich: Super, wir haben jetzt eine Woche länger Weihnachtsferien.

Gab es schon einmal einen vergleichbaren Vorfall?

So was habe ich noch nie erlebt. Dass immer mal wieder eine Straße wegen umgestürzter Bäume gesperrt wird, das kommt vor. Aber das dauert dann meistens ein, zwei Stunden. Das haben wir im Winter des Öfteren. Aber so extrem war es noch nie.

Wie soll es in den kommenden Tagen weitergehen?

Wir werden versuchen, die Notstrecke frei zu halten, damit die Leute versorgt bleiben. Das ist auch wichtig für die Landwirtschaft, denn sonst wird die Milch nicht abgeholt. Das muss aber passieren, denn die Bauern haben gar nicht so viel Lagerkapazität, um die ganze Milch zu behalten. Der Milchwagen ist daher immer mit einem Begleitfahrzeug unterwegs, damit er sicher durchkommt. Die Pendler müssen sich noch gedulden. Denn wer jetzt rausfährt, weiß nicht, ob er abends wieder heimkommt.

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