Vor Gericht in Bayern:Wolbergs' letzte Worte im Regensburger Korruptionsprozess

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Joachim Wolbergs, Ex-Oberbürgermeister von Regensburg, sitzt im Verhandlungssaal des Landgerichts hinter Trennwänden aus Plexiglas. (Foto: dpa)

Darin kritisiert der frühere Oberbürgermeister erneut Polizei und Staatsanwaltschaft scharf für ihre Arbeitsweise.

Regensburgs Ex-Oberbürgermeister Joachim Wolbergs steht vor den Trümmern seiner Existenz. Politisch und finanziell fängt er quasi bei Null an - so seine Bilanz am Ende des zweiten Korruptionsprozesses, in dem ihm die Staatsanwaltschaft Bestechlichkeit und Vorteilsnahme im Zusammenhang mit Parteispenden im Kommunalwahlkampf 2014 vorwirft. Er weist dies zurück. "Ich war nie korrupt", sagte er am Mittwoch in seinem letzten Wort vor dem Landgericht.

"Ich habe versucht, meine Unschuld zu beweisen." Sein Verteidiger hat für Wolbergs Freispruch gefordert, die Anklagebehörde auf eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten plädiert. Nun muss sich das Gericht sein Urteil bilden. Erwartet wird es am 17. Juni.

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Detailliert rekapitulierte der 49-jährige Kommunalpolitiker die Ermittlungen und Verfahren gegen ihn. Einmal mehr kritisierte er die Arbeitsweisen von Polizei und Staatsanwaltschaft scharf - vor allem Fehler bei der Verschriftung zahlreicher abgehörter Telefonate, Grundrechtsverstöße bei der Telekommunikationsüberwachung, Fehler bei der Mitschrift von Verhören, die Gründe für seine Verhaftung und die Pressearbeit der Staatsanwaltschaft. Er habe jegliches Vertrauen in die Behörde verloren. "Was ich in dem Verfahren erlebt habe, war für mich nicht vorstellbar."

Nicht verloren hat er ganz offensichtlich seinen Kampfgeist: Was er im Zuge der Ermittlungen erlebt habe, habe ihn oft wütend gemacht oder resignieren lassen. "Aber nie so, dass ich mich nicht weiter wehren würde!" So kämpfte er am Mittwoch auch um seine Rehabilitierung, attackierte die beiden ihm gegenübersitzenden Staatsanwälte beziehungsweise deren Behörde und widerlegte - aus seiner Sicht - deren Vorwürfe. An seiner Seite sein Anwalt Peter Witting, der ihn inzwischen als Pflichtverteidiger vertrete, wie Wolbergs sagte. "Ich hätte mir das zweite Strafverfahren nicht mehr leisten können."

Im Wahlkampf für die Kommunalwahl 2008 habe die SPD etwa 120 000 Euro an Spenden bekommen. "Das waren in der Regel Mitleid-Spenden." Weil klar gewesen sei, dass er gegen seinen CSU-Konkurrenten Hans Schaidinger nicht gewinnen würde. Sechs Jahre später sei er davon ausgegangen, für den Wahlkampf mindestens 500 000 Euro zu benötigen. Dafür habe er unter anderem von Bauunternehmern Spenden eingeworben, aber auch gemeinsam mit seiner Frau ein privates Darlehen in sechsstelliger Höhe aufgenommen. Dieses zurückzuzahlen hätte aus damaliger Sicht kein Problem dargestellt. "Zu keinem Zeitpunkt war ich von den Spenden abhängig."

Ausführlich ging Wolbergs auf die Parteienfinanzierung in Deutschland ein, die seit Jahren "heftig umstritten" sei. Er kritisierte das Gesetz zur Parteienfinanzierung. Ausgerechnet auf kommunaler Ebene, wo sich die Menschen am nächsten seien und jeder jeden kenne, gebe es keine staatliche Parteienfinanzierung. Stattdessen seien genau auf dieser Ebene die Parteien umso mehr auf Spenden angewiesen, weil sie sonst nur ihre Mitgliedsbeiträge hätten. "Das ist ein Systemfehler."

Wolbergs forderte, angesichts der aktuellen Gesetzeslage müssten Parteispenden verboten werden. Aber ohne Spenden, so Wolbergs, müssten die Parteien aus Steuergeldern bezahlt werden. Das würden die Bürger wohl auch nicht wollen. Die Spenden, die sein SPD-Ortsverein für die Wahl 2014 bekommen habe, seien korrekt verbucht worden, sagte Wolbergs. Der Vorwurf, den man ihm machen könne, sei ein moralischer: "Man kann sagen, ein SPDler darf nicht so viele Spenden von Bauunternehmern annehmen."

Aus seiner ehemaligen Partei, als deren Hoffnungsträger er galt, ist Wolbergs im vergangenen Sommer nach dem Urteil im ersten Korruptionsprozess ausgetreten. Er vermisste die Solidarität. Im ersten Verfahren war er wegen zwei Fällen der Vorteilsnahme verurteilt und in sämtlichen weiteren Anklagepunkten freigesprochen worden. Von einer Strafe hatte das Gericht abgesehen.

Mit dem von ihm mitbegründeten Wahlverein "Brücke" verfehlte Wolbergs bei der Kommunalwahl in diesem Jahr knapp den Sprung in die Stichwahl. Das lastete er dem Prozess an, der nicht rechtzeitig vor der Wahl beendet war. Die Wähler seien verunsichert gewesen, ob er im Falle seiner Wahl sein Amt - je nachdem wie das Urteil ausfallen würde - überhaupt würde antreten können. In Regensburg sei er zu einer "Unperson" geworden. "Ich habe alles verloren", sagte er. Und fügte an: "Ja, ich fühle mich zutiefst ungerecht behandelt."

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