Rechtsextreme in Bayern:"Die Szene funktioniert fast sektenähnlich"

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sueddeutsche.de: Wenn das eigene Kind erst einmal in so einem Kreis steckt, was können Eltern dann noch machen?

Hieke: Sich von Experten beraten lassen. Die Szene funktioniert sehr speziell, fast sektenähnlich. Wir informieren erst einmal über die Rechtsextremen vor Ort: Also was gibt es für Gruppierungen, mit wem hängt der Sohn, die Tochter da eigentlich ab, um besser einschätzen zu können, wie ernst es ist. Eltern wollen von uns natürlich immer, dass ihr Kind ideologiefrei gemacht wird, aber das ist ein sehr, sehr langer Prozess. Und ich muss leider sagen: Das klappt nicht immer.

sueddeutsche.de: Wie können Sie dann den Eltern helfen?

Hieke: Sehr oft ist die Kommunikation zu Hause gestört, es gibt Streitereien. Aber es ist wichtig, den Kontakt bis zum Äußersten aufrechtzuhalten, damit die Kinder überhaupt noch einen Kontakt außerhalb der rechten Szene haben. Solche Kreise versuchen ja immer bewusst, die Jugendlichen von allen sozialen Beziehungen zu lösen, um sie besser kontrollieren zu können. Andere Freunde haben sich meist längst abgewendet, aber Eltern bleiben. Und den meisten Jugendlichen ist es nicht egal, was der Vater oder die Mutter denkt.

sueddeutsche.de: Also hilft nur ausdiskutieren?

Hieke: Rationale Argumente helfen natürlich oft wenig, wenn das Kind eine zwölfseitige Erklärung daheim hat, wieso der Holocaust zu leugnen ist. Dennoch muss man diskutieren. Wir hatten allerdings auch schon Fälle, da hat der Neonazi-Sohn plötzlich die eigene Mutter bedroht. Dann ist ein Beziehungsabbruch erst einmal das Beste.

Die Elternberatung der Bayerischen Landeskoordinierungsstelle gegen Rechtsextremismus ist unter 0151-23617782 zu erreichen

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