Von Beifall bis scharfer Kritik: Verbände und Organisationen reagieren unterschiedlich auf den Koalitionsvertrag zwischen CSU und Freien Wählern. In Bezug auf die Arbeitsmarktpolitik sieht der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Bayern "viel Luft nach oben". Die Freien Wähler, so sagte DGB-Chef Matthias Jena, hätten zwar in ihrem Wahlprogramm ein Tariftreue- und Vergabegesetz gefordert - mit dem Ziel, staatliche Aufträge nur noch an Firmen zu vergeben, die mindestens den Tariflohn zahlen. "Davon aber ist im Koalitionsvertrag nichts zu finden", sagte Jena. Hintergrund: Nur 53 Prozent der Beschäftigten im Freistaat würden nach Tarif beschäftigt. Für Thomas Beyer, den Vorsitzenden der Arbeiterwohlfahrt (AWO), fehlt die "soziale Handschrift". Es gebe keine neuen Antworten auf die Wohnungsnot, kein Konzept gegen die Kinderarmut und für die Pflege "keine zusätzlichen Impulse", sagte Beyer. Die Kostenfreiheit der Kinderbetreuung solle zwar ausgeweitet werden, aber die Kita-Gebühren "werden nicht wirklich abgeschafft".
Alfred Gaffal, Präsident der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, sieht durchaus Positives im Koalitionsvertrag: Etwa, dass "für das wichtige Thema der Wirtschaft, die Digitalisierung, ein eigenes Ministerium geschaffen" werde. Bedauerlich sei das Moratorium für den Bau einer dritten Startbahn am Münchner Flughafen. Michael Schwägerl, der Vorsitzende des Philologenverbands, lobt: "CSU und Freie Wähler können mit der Vereinbarung die erfolgreiche bayerische Bildungspolitik fortsetzen." Nun gelte es, die zentralen Punkte schnell und verlässlich umzusetzen. Richard Mergner, der Landesvorsitzende des Bund Naturschutz, erklärte: "Das Bekenntnis zur dezentralen Energiewende in Hand von Bürgern und Kommunen, ein Klimaschutzgesetz und die Einrichtung einer Landesagentur für Klimaschutz und Energiewende im Koalitionsvertrag ist zu begrüßen." Doch wer Ja zur dezentralen Energiewende sage, müsse Nein zu geplanten Stromautobahnen und zur Abstandsregelung bei der Windenergie sagen.
Fundamentalkritik übt Alexander Thal vom Flüchtlingsrat: "Dieser Koalitionsvertrag ist in der Asylpolitik ein Totalausfall." Die Vereinbarungen zeigten, dass die CSU "ihre menschenfeindliche Asylpolitik mit Billigung der Freien Wähler" fortsetze.
Enttäuschung auch beim Bayerischen Jugendring: "Es wurde versäumt, Jugendverbände, Jugendringe und Jugendbildungsstätten zum Bestandteil bayerischer Politik zu machen und damit jungen Menschen eine Stimme zu geben", sagt Präsident Matthias Fack