Prozess um Mordversuch mit Machete:Szenen einer Ehe

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Sie sackte zu Boden und fragte: "Mummelchen, was hast du gemacht?" Ein betrunkener Rentner soll mit einer Machete auf seine Frau eingestochen haben. Nun steht er vor Gericht.

Andreas Salch

Sie sind ein älteres Paar, das sich in fast 20 Jahren Ehe manchmal auf die Nerven ging, manchmal auch heftig stritt, sich aber immer wieder miteinander vertrug. Wie es eben so ist in vielen Ehen.

Prozessbeginn in München: Mit einem Einkaufsbeutel schützt sich der Angeklagte Hans Joachim B. vor den Fotografen. Der Rentner soll seine Frau mit einer Machete attackiert haben. (Foto: dpa)

Petra B., 69, eine kleine, lebhafte und gepflegt wirkende Rentnerin, sagt über ihren Mann Hans Joachim, 66: "Er war immer ein Ausdruck an Geduld. Ich war sehr glücklich, weil er mich rundum beschützt." Dass ihr liebender Mann ihr am Abend des 25. Februar in der gemeinsamen Wohnung in Rottach-Egern am Tegernsee mindestens vier wuchtige Hiebe mit einer Machete mit einer 45 Zentimeter langen Klinge gegen Kopf, Hals, Oberkörper und Arme versetzte, sieht man ihr äußerlich fast nicht an. Nur kleinere Narben am Kinn zeugen von der Attacke. Petra B. überlebte sie nur dank einer Notoperation.

Hans Joachim B. muss sich wegen dieser Tat seit Dienstag vor der dem Landgericht München II verantworten, angeklagt wegen versuchten Mordes. Ob sie sich denn nun von ihrem Mann scheiden lassen wolle, fragt der Vorsitzende der fünften Strafkammer, Richter Martin Rieder: "Ich hab' mir noch keine Gedanken diesbezüglich gemacht", erwidert die Rentnerin.

Hans Joachim B., von Beruf Kaufmann, sitzt seit der Tat in Untersuchungshaft. Zum Prozessauftakt erscheint er in seiner blauen Gefängniskleidung, auf eine Krücke gestützt und mit zerzaustem grauen Haar. Zu dem Vorwurf aus der Anklage der Staatsanwaltschaft sagt er nichts. Stattdessen lässt er durch einen seiner beiden Verteidiger, Rechtsanwalt Ulrich Fuchs, eine Erklärung verlesen. "Es ist richtig, dass ich mit einer Machete auf meine Frau eingeschlagen habe", heißt es darin. Seit 18 Jahren sei er mit seiner Frau verheiratet. Doch in der letzten Zeit habe es immer wieder Streitigkeiten gegeben. Schuld daran sei "wohl auch der Alkohol", dem er und seine Frau zugesprochen hätten.

Hans Joachim B. wurde Ende der neunziger Jahre schwer verletzt, als er einem Ehepaar, das von zwei Schlägern belästigt wurde, zu helfen versuchte. Er musste seinen Beruf als Kaufmann aufgeben und bekam fortan eine Invalidenrente. Mehr als 20 Operationen habe er wegen der Verletzungen über sich ergehen lassen müssen. An jenem Tag, als er mit seiner Machete auf seine Frau losgegangen sei, habe er unter Schmerzen gelitten, ausgelöst durch eine vorausgegangene OP. Er habe sich über seine Frau geärgert, weil sie Alkohol getrunken und die Wohnung habe verwahrlosen lassen. Deshalb habe er trotz Schmerzen selbst angefangen zu putzen.

Bevor es dann in den späten Abendstunden zwischen Hans Joachim und Petra B. zu einem heftigen Streit wegen des Kaufs von drei Tischen kam, müssen beide erheblich Alkohol konsumiert haben. Hans Joachim B. räumt in seiner Erklärung ein, dass er eine "große Flasche Kümmerling" getrunken habe. Bei seiner Festnahme hatte er eine Blutalkoholkonzentration von 2,1 Promille. Petra B. sagt bei ihrer Vernehmung, sie habe sich zuvor "zwei große, schöne Glas Cognac" und "ein Glas Rotwein" genehmigt. Laut ärztlichem Gutachten hatte sie 1,85 Promille Alkohol im Blut.

An den Augenblick, in dem er seine Frau mit seiner alten Machete, die in der Abstellkammer gelegen habe, attackierte, könne er sich nur "verschwommen" erinnern, lässt Hans Joachim B. seinen Verteidiger erklären. Er wisse auch nicht mehr, wie er die "Machete in die Hand bekam" oder ob er sie sogar seiner Frau abgenommen habe. "Jedenfalls habe ich irgendwann zugeschlagen."

Nach dem ersten Schlag habe seine Frau ihn angefahren: "Was machst du für einen Scheiß?" Dann sackte sie zu Boden. Als Petra B. blutüberströmt dalag, habe sie ihn gefragt: "Mummelchen, was hast du gemacht?" Danach setzte Hans Joachim B. einen Notruf ab. Sein Mandant habe sich von seiner Frau trennen, sie aber "nicht töten" wollen, sagt Anwalt Fuchs.

© SZ vom 18.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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