Prozess in Aschaffenburg:Mutter soll ihre Töchter ertränkt haben

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Kerzen, Blumen und ein Plüschtier liegen am 22.Februar 2013 vor dem Haus in Aschaffenburg, in dem die Mutter ihre beiden Mädchen getötet haben soll. (Foto: Arne Dedert/dpa)

Eine Mutter steht in Aschaffenburg vor Gericht, weil sie ihre beiden kleinen Töchter in der Badewanne ertränkt haben soll. Die Richter müssen klären, ob die Frau gefährlich ist und in der Psychiatrie bleiben muss - denn wegen der Unterbringung dort gibt es Streit.

Von Olaf Przybilla

Eine Mutter betäubt ihre beiden Töchter mit Schlafmitteln und ertränkt sie in der Wanne. Als ihr Ehemann zurück in die Wohnung kommt, versucht sich die Frau mit tiefen Stichen in den Magen das Leben zu nehmen. An diesem Donnerstag beginnt am Landgericht Aschaffenburg der Prozess gegen die 34-Jährige, der vorgeworfen wird, am 21. Februar 2013 ihre beiden Kinder, zwei und vier Jahre alt, umgebracht zu haben.

Die Frau wird den Prozessbeginn nicht im Gerichtssaal erleben. Sie befindet sich in der geschlossenen Abteilung einer Psychiatrie in Unterfranken. Ärzte haben ihr attestiert, am Verfahren nicht teilnehmen zu können. Sie befürchten schwere gesundheitliche Folgen für die Frau, sollte diese mit den ihr vorgeworfenen Taten konfrontiert werden.

Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft hatte sich die Frau erst wenige Tage vor ihrer Tat in einer Klinik in Köln, wo die Familie vor dem Umzug nach Aschaffenburg gelebt hatte, behandeln lassen. Sie soll in dieser Zeit unter krankhaften Angstzuständen gelitten haben, ihre beiden Töchter könnten von Nachbarn des Paares sexuell missbraucht worden sein. Die Frau wurde mit Psychopharmaka behandelt und nach 18 Tagen entlassen. In einem Sozialzentrum hätte sie weiter versorgt werden sollen. Jedoch erst Wochen nach ihrer Entlassung aus der Klinik.

Fall beschäftigt verschiedene Gerichte

Lange bevor der Prozess jetzt beginnt, fast genau ein Jahr nach der Tat, beschäftigte der Fall bereits mehrere Gerichte. Der Anwalt der Frau, Matthias Kolb, hatte unter anderem Verfassungsbeschwerde gegen die Art und die Dauer der Unterbringung seiner Mandantin eingelegt. Seiner Auffassung nach wurde die Frau vor mehr als elf Monaten aufgrund eines zweifelhaften Gutachtens in die forensische Psychiatrie eingewiesen. Eine Sachverständige hatte ihr attestiert, für die Allgemeinheit gefährlich zu sein.

Die 34-Jährige war kurz nach ihrer Tat in ein künstliches Koma versetzt worden. Kurz nachdem sie erwacht war, hatte sich die Gutachterin zwar mit der Frau unterhalten. Nach Auffassung des Anwalts lag ihrer Prognose aber keine ausführliche Untersuchung zugrunde. Die Unterbringung in einer forensischen Klinik wurde trotzdem aufrechterhalten: Sowohl das Landgericht Aschaffenburg als auch das Oberlandesgericht Bamberg bestätigten diese. Und auch das Bundesverfassungsgericht nahm eine erste Beschwerde des Anwalts nicht zur Entscheidung an. Inzwischen hat das Gericht auch eine weitere Beschwerde zur Fortdauer der Unterbringung nicht zur Entscheidung angenommen.

Gefährlich für die Allgemeinheit?

Dass die Mutter ihre Töchter umgebracht hat, wird von der Verteidigung nicht bestritten. Konsens besteht vor Beginn der Verhandlung auch darüber, dass die Frau ihre Tat offenbar aufgrund einer schweren psychischen Erkrankung begangen hat, also schuldunfähig ist. Ein juristischer Streit entfacht sich dagegen an der Frage, ob die Frau auch für die Allgemeinheit gefährlich ist und also in einer forensischen Abteilung untergebracht werden muss, wovon die Erstgutachterin ausgeht - oder ob sich die Aggressionen der Frau ausschließlich gegen ihre Töchter und sich selbst richteten, was ein von der Verteidigung in Auftrag gegebener Gutachter "mit größtmöglicher Wahrscheinlichkeit" annimmt.

Dieser Psychiater hat die 34-Jährige mehrfach untersucht. Das Gutachten, aufgrund dessen die Frau seit einem Jahr in einer forensischen Psychiatrie sitzt, entstand dagegen im Wesentlichen nach Aktenlage. Die 34-Jährige weigert sich, sich von ihrer Erstgutachterin untersuchen zu lassen. In einer methodenkritischen Stellungnahme hat ein forensischer Sachverständiger das Erstgutachten inzwischen scharf kritisiert: Dieses erfülle keine Mindestanforderungen.

© SZ vom 20.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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