Politischer Gillamoos:"Merkel oder Seehofer - einer lügt"

Volksfest  Gillamoos

Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Parteivorsitzende Horst Seehofer beim Volksfest Gillamoos.

(Foto: dpa)

CSU-Chef Seehofer pfeift auf Bierzelt-Gepflogenheiten und lässt sich nicht von der Pkw-Maut abbringen, SPD-Kandidat Ude vergisst den Holzhammer und Margarete Bause von den Grünen übt sich in Obst-Metaphern. Auf dem Volksfest Gillamoos dominierten derbe Töne und lahme Vorträge. Der Tag in der Zusammenfassung.

Wenn bayerische Politiker ins Bierzelt gehen, dann geht es meist etwas derber zu. Kein Florett. Holzhammer. So sieht es die Tradition vor, gerade in Niederbayern. Und auch beim Politischen Gillamoos in Abensberg. So will es das Publikum - so war es zumindest immer.

CSU: Seehofer redet alles schön

Der Wohlfühl-Ministerpräsident, der Schönredner Seehofer, der Alles-gut-in-Bayern-Horst, den interessiert das diesmal allerdings überhaupt nicht. Ganz ohne Rücksicht auf Bierzelt-Gepflogenheiten hält Seehofer, der sonst eher nicht um deutliche Worte verlegen ist, zum 700-jährigen Jubiläum des Gillamoos-Volksfestes im niederbayerischen Abensberg eine Rede zum Wegdämmern. Franz Josef Strauß, den er immerhin drei Mal zitiert, würde sich im Grabe umdrehen.

Seehofer lobt die CSU, lobt Bayern, lobt sich. Er bleibt seiner Taktik knapp zwei Wochen vor der Landtagswahl treu: Lieber enttäuscht der Ministerpräsident 3000 Menschen im Bierzelt, als plötzlich zu einem hart arbeitenden Wahlkämpfer zu werden, der vielleicht sogar in den Verdacht gerät, den Gegner ernst zu nehmen. Kein Wort verliert er über seinen Herausforderer Christian Ude oder über die SPD.

Nicht einmal das Thema Pkw-Maut bringt ihn aus dem seelischen Gleichgewicht. Seehofer berichtet fast stolz, dass er nach dem Kanzlerduell gestern mit Angela Merkel gesprochen habe. Was wurde besprochen? Seehofer: "Sie hat zu mir gesagt: Wir haben noch immer eine Lösung gefunden." Ein Knaller. Der Schlussapplaus fällt dann auch dementsprechend aus: kurz und ohne jeden Enthusiasmus.

Sebastian Gierke

SPD: Ude gibt sich feingeistig

Christian Ude kommt mit einer halben Stunde Verspätung ins Zelt, er hat noch Achterbahn fahren müssen und vor ihm durften ohnehin eine ganze Reihe anderer Kandidaten ans Mikrofon.

Dass Ude kein Festzeltredner ist, ist hinlänglich bekannt. Und so hält er auch dieses Mal wieder eine eher feingeistige Rede - mit der er die Zuhörer nicht wirklich von den Bierbänken reißt.

Bavaria Prepares For State Elections

Zu feingeistig fürs Bierzelt: Christian Ude (SPD).

(Foto: Getty Images)

Dabei gibt sich Ude wirklich Mühe. Er haut auf die CSU ein, so fest er kann. Richtige Brüller gelingen ihm nur selten. Da kann schon eher der bayerische SPD-Chef Florian Pronold punkten, als er über Horst Seehofers Pläne zur Pkw-Maut spricht: Seehofer, der drei Monate lang als brüllender Löwe herumgelaufen sei, sei nun von Angela Merkel zum "kastrierten Kater" gemacht worden.

Ude spricht dann über die klassischen Wahlkampfthemen: Mindestlohn, Mietpreise, Landtagsaffären. Dafür gibt es nicht mehr als artigen Applaus. Da scheint es schon sehr mutig, wenn ein Genosse am Ende dazu aufruft, gemeinsam die Bayernhymne zu singen - "ein letztes Mal als Oppositionspartei".

Ingrid Fuchs

Freie Wähler: Aiwanger vergreift sich im Ton

Huber Aiwanger von den Freien Wählern gibt gleich zu Anfang eine Prognose: Seine Partei werde bei der Landtagswahl 2013 stärker sein als 2008. Und die CSU dürfe froh sein, wenn sie eine "4" bei den Prozentzahlen vorne stehen habe. In Sachen Pkw-Maut auf deutschen Autobahnen sagt er bauernschlau: "Merkel oder Seehofer - einer lügt." Er meint damit, dass Merkel sich im TV-Duell von der Pkw-Maut für ausländische Autofahrer distanziert hat, während Seehofer sagt, er wolle die Autobahngebühr in der Koalitionsvereinbarung festschreiben.

In Aiwangers Rede wimmelt es nur so vor hinkenden Vergleichen und wüsten Beschimpfungen. "Die absolute Mehrheit für die CSU wäre geradeso, als würde man einen Blinden und Besoffenen in einem Lkw über die Ampel schicken", sagt er etwa.

Volksfest Gillamoos

"Wir wollen gesunde lebensfrohe Menschen und keine Blödstudierten", sagt Hubert Aiwanger von den Freien Wählern.

(Foto: Tobias Hase/dpa)

Zum Volksbegehren für das neunjährige Gymnasium gibt er von sich: "Wir wollen gesunde lebensfrohe Menschen und keine Blödstudierten." Und: Das Gymnasium solle keine Foltermaschine bleiben. Über FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle sagt er, er sei eine "Schnapsdrossel". Daraus folgert er: "Die Freien Wähler sind die Einzigen, die noch den Überblick haben."

Man wolle kein "Steigbügelhalter sein für schwarzen Größenwahn oder für eine rot-grün-linke Republik", sagt er. Bei den rund 1000 Zuhörern im Weißbierstadel kommt Aiwangers unflätige Holzhammermethode bestens an. Eine Frau sagt, er sei ja so "bodenständig".

Wolfgang Wittl

FDP: Döring holzt

Holzhammer und hinkende Vergleiche

Bei der FDP sorgt ausgerechnet ein Niedersachse für besonders krachlederne Stimmung. Generalsekretär Patrick Döring holzt mit Lust auf die politischen Gegner ein: Die Grünen wollten die Republik mit Verboten überziehen, SPD-Chef Sigmar Gabriel plane im Bund insgeheim eine rot-rot-grüne Koalition. "Gabriel traue ich nur so weit, wie der mich werfen kann", giftet der wuchtige Liberale.

Zuvor warnen Bayerns FDP-Spitzenkandidat Martin Zeil und die Landesvorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger vor einer CSU-Alleinregierung im Freistaat. Dank der FDP habe die Koalition in Bayern die "verkorkste" G-8-Reform in Ordnung bringen können, das BayernLB-Debakel sei aufgearbeitet.

Volksfest Gillamoos

"Gabriel traue ich nur so weit, wie der mich werfen kann", meint FDP-Generalsekretär Patrick Döring auf dem Gillamoos.

(Foto: dpa)

Zeil verspottet ein ums andere Mal den bayerischen SPD-Spitzenkandidaten Christian Ude. Der Münchner Oberbürgermeister habe außerhalb der Landeshauptstadt Orientierungsschwierigkeiten. Er wünsche ihm, dass er sich nach der verlorenen Wahl auf der Insel Mykonos dauerhaft niederlassen könne.

Interessant: Zur von der CSU forcierten Pkw-Maut, eigentlich ein Leib-und-Magen-Thema der FDP, sagt kein Liberaler etwas. Vielleicht wartet Döring erst mal ab, was CSU-Chef Seehofer nebenan zu der Causa sagt.

Oliver Das Gupta

Grüne: Göring-Eckardt macht unkonventionelle Vorschläge

Bei den Grünen ist Spitzenkandidatin Margarete Bause die Hauptrednerin. Die CSU habe keinerlei Inhalte, wirft sie der Regierungspartei vor. Auf den Wahlplakaten der Christsozialen fänden sich keine Zukunftskonzepte für den Freistaat; dort stehe nur "Bayern - Das Land", kritisiert sie. "Da könnte man auch sagen: Zwetschge - Das Obst."

Bei der Energiepolitik wolle die CSU keine Windkraft, sondern ein Festhalten an Atomstrom, glaubt Bause. Dies zeige der Antrag der Betreiber des Kernkraftwerks im schwäbischen Gundremmingen, die Leistung des Meilers zu erhöhen. Auch in der Bildungspolitik habe die CSU keine Konzepte. Kultusminister Ludwig Spaenle sei zwar kreativ und habe für die Hauptschulen mit der Bezeichnung Mittelschule einen neuen Namen erfunden, "aber die Probleme sind identisch", rügt Bause.

Zum Schluss ruft Katrin Göring-Eckardt, die grüne Spitzenkandidatin im Bundestagswahlkampf, noch zu einer eher unkonventionellen Aktion auf. "Rufen Sie vor der Wahl Ihre Tante an", schlägt sie vor. Der solle man erzählen, dass die Grünen für fünf Punkte stehen: mehr Gerechtigkeit, mehr Ökologie, bessere Arbeitsbedingungen, erneuerbare Energien und Bürgerrechte. So machen die Grünen also Wahlkampf.

Martin Moser

Volksfest Gillamoos

Katrin Göring-Eckardt, die Spitzenkandidatin der Grünen im Bundestagswahlkampf, empfiehlt: "Rufen Sie vor der Wahl Ihre Tante an."

(Foto: dpa)
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