Passau:Niederbayerischer Graf glaubt an Todesfluch und fordert Inquisitor an

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(Foto: Armin Weigel/dpa)

In Ering sind innerhalb weniger Jahre fünf führende Mitglieder der Kirchengemeinde gestorben. Zufall? Vorsichtshalber schickt das Bistum Passau einen Gesandten.

Von Andreas Glas, Passau

Tot zu sein ist aus mehreren Gründen unpraktisch. Zum Beispiel deswegen, weil man die Hinterbliebenen nicht mehr darüber informieren kann, ob man ganz konventionell gestorben ist oder eines unnatürlichen Todes. Ein Gerichtsmediziner kann in vielen Fällen helfen, nur ist der Gerichtsmediziner halt darauf spezialisiert, tief im Inneren eines Körpers nach der Todesursache zu graben.

Was freilich nichts bringt, wenn die Ursache hoch oben liegt, wenn also eine höhere Macht über Leben und Tod entschieden hat. Ein Fluch zum Beispiel oder ein böser Zauber oder weiß der Teufel was. So geschehen im tiefsten Niederbayern, davon ist jedenfalls Endre Graf Esterházy überzeugt.

Für den Geschmack des Grafen ist in der Kirchengemeinde in Ering am Inn in letzter Zeit ein bisschen zu oft gestorben worden. Fünfmal in sechs Jahren hat es ein Mitglied der Pfarrei erwischt. Erst die Mesnerin (2010), dann den Stellvertreter des Pfarrgemeinderatsvorsitzenden und den Pfarrer (beide 2013), dann den Kommunionhelfer (2014) und vor Kurzem den Vorsitzenden der Pfarrgemeinde - alle zwischen 52 und 64 Jahre alt.

Wie der Graf die Todesserie stoppen will

"Es kann so nicht weitergehen", findet Graf Esterházy, 65, der ein Schloss in Ering hat. Und weil die Moderne kein Mittel gegen höhere Mächte kennt, hat der Graf sich an die Ursprungszeit seines Adelsgeschlechts erinnert. An das 13. Jahrhundert, als die Inquisition in Mode kam. Anschließend hat der Graf einen Brief an den Passauer Bischof Stefan Oster geschrieben. Darin forderte er: "Eine Art bischöflicher Inquisitor muss in die Pfarrei kommen" und herausfinden, "wie aus kirchlicher und christlicher Sicht die ominösen Sterbefälle dieser Würdenträger zu erklären sind."

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Das Bistum Passau hat inzwischen auf den Brief des besorgten Grafen reagiert. "Ob es sich im Pfarrverband Ering statistisch gesehen im genannten Zeitraum um eine höhere Häufigkeit von Todesfällen handelt, kann seitens der Diözese nicht geprüft werden", heißt es in einer Mitteilung. Und weiter: "Die Forderung nach Einsetzung eines 'Inquisitors' scheidet allein schon deshalb aus, weil es die Inquisition in der katholischen Kirche nicht mehr gibt."

Was der Gesandte des Bistums dem Bischof meldet

Weil sich das Bistum Passau aber um seine Schäfchen sorgt, ist ein Vertreter des Bischofs nach Ering gefahren und hat sich dort mal umgehört. Könnte ja sein, dass es in der Pfarrgemeinde noch mehr Menschen gibt, die an einen Fluch glauben - und nun um ihr eigenes Leben fürchten. Für diese Sorge lieferte die bischöfliche Befindlichkeitsumfrage allerdings keinerlei Anzeichen. "Nach Rücksprache mit Pfarrangehörigen vor Ort in Ering", heißt es in der Mitteilung des Bistums, könne "von einer generellen Beunruhigung keine Rede sein."

Ein paar Worte des Trostes hat das Passauer Bistum dann aber schon noch übrig für Graf Esterházy: "Jeder Todesfall löst Trauer und mitunter auch Fassungslosigkeit aus", steht in der Mitteilung. Anders ausgedrückt: Der Tod ist als Gesamtphänomen schon rätselhaft genug - da muss man sich nicht auch noch in Einzelfällen verheddern.

© SZ vom 02.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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