Oktoberfest zur Umsatzsteigerung:Ein Fest für die Marketing-Abteilung

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Das Oktoberfest spült nicht nur Münchner Taxifahrern Geld in die Kasse. Beim Discounter gibt es Wiesn-Schnitzel und bei Tchibo gibt es Dirndl - alle scheinen vom Jubiläum zu profitieren.

Dominik Hutter und Monika Maier-Albang

In der Konzernzentrale im hohen Norden haben sie erst üben müssen, wie man das ausspricht: Ozapft is! Schließlich heißt ein Teil des Herbst-Sortiments von Tchibo so, da müssen die Marketing-Experten aus Hamburg es auch richtig bewerben können. Es gibt weiß-blaue Tischdecken im Karo-Look, einen Hähnchenbräter mit Rundum-Knusprig-Garantie, was dadurch erzielt wird, dass das tote Tier in einer Fettschale aufgepflockt wird. Im Angebot ist ein Kredit, der mit einer Brezn im Euro-Format beworben wird. Und natürlich dürfen Dirndl und Lederhose nicht fehlen, wobei man korrekterweise sagen muss, dass es sie im Online-Shop nicht mehr gibt. Ausverkauft nach drei Tagen!

Auch die Apotheken wollen von der Wiesn profitieren und werben mit Mitteln gegen den Kater. (Foto: N/A)

Die Vermarktung des weltgrößten Volksfestes funktioniert eben nicht nur in München. Zum Jubiläumsfest haben bayern- und bundesweit Lebensmitteldiscounter wie Norma ("Wiesn-Gurken") und Lidl ("Original Wiesn-Hendl") die allgemeine Wiesn-Begeisterung für sich genutzt. Aldi bietet sogar ein komplettes "Wiesn-Schmankerl"-Angebot, darunter so münchentypische Gerichte wie "Eisbeinfleisch in Aspik" oder das "Riesen Wiesn-Schnitzel nach Wiener Art". Immerhin gibt es Riesenbrezen - "zum frisch Aufbacken".

Tchibo hat seine Wiesnartikel vergangenen Montag deutschlandweit in die Shops gebracht, schon eine Woche zuvor waren sie im Internet - als "Ergänzung zur zünftigen Herbstküche", wie Sprecherin Helen Rad es formuliert. Das Konzept scheint aufzugehen. Für das züchtig wadenlange Dirndl samt Bluse, Schürze und Wechselschürze seien aus der ganzen Republik Bestellungen eingegangen. Bei welcher Gelegenheit die Hamburgerin Dirndl trägt? Nun, auch dort, sagt Rad, werde doch längst auf Wiesnpartys getanzt. Künftig werden sich dort die Tchibo-Kundinnen also an ihren rot-rosa Dirndln erkennen.

Dennoch dürften die Konzernstrategen dieser Republik mit Neid nach München schielen - wo der Rubel in diesen Tagen so richtig rollt. Die Bier-und-Brezn-Gaudi auf der Theresienwiese bringt stadtweit die Kassen zum Klingeln, allein in den Hotels bleiben rund 301Millionen Euro zurück. Insgesamt, so rechnet das Tourismusamt vor, hat das Oktoberfest einen Wirtschaftswert von 830Millionen Euro. Davon werden "nur" 324Millionen auf der Theresienwiese selbst verprasst.

Insofern ist es nicht ganz überraschend, was der Hotel- und Gaststättenverband über die Wiesn sagt: "Großartig" sei sie, schwärmt Sprecher Frank-Ulrich John. Das bukolische Treiben beschert den Hoteliers eine Auslastung, die nur noch von Bauma-Tagen übertroffen wird. Anders als die Wiesn findet aber die weltgrößte Baumaschinenmesse nur alle drei Jahre statt. Im Hotel von Conrad Mayer, dem München-Chef des Verbands, sind die Umsätze im September stets doppelt so hoch wie im Februar.

Nur die Taxifahrer, die während der Wiesn für gewöhnlich bis zu 30 Prozent mehr Umsatz machen, sind skeptisch, ob das Geschäft auch in diesem Jahr brummt. Zwar versprechen die zwei zusätzlichen Tage auch zusätzliche Fahrgäste. Doch man müsse erst sehen, ob die Kunden die wegen des Sperrgürtels verlegten Taxistände finden, sagt Frank Kuhle, Vorstand der Münchner Taxi e.G.

Auch manchen Münchner Einzelhändler hat das Wiesn-Fieber gepackt. Armin Waldmann, Inhaber der Barbarossa-Apotheke in Bogenhausen, hat sein Schaufenster dekoriert mit, wie er sagt, "allem, was man braucht, um die Wiesn zu überleben". Rund um die Bierkrüge sind Ohrstöpsel, Aspirin, Mittelchen gegen Blähungen und Übelkeit drapiert. Nur auf eines habe er verzichtet, sagt Waldmann. Weil man nicht weiß, ob die Kunden das so passend finden. Auf Präservative.

© SZ vom 18.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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