Offener Brief:Grünen-Politiker umwirbt Bauern

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Hartmann fordert aber zugleich Neuanfang in der Landwirtschaft

Der Grünen-Politiker Ludwig Hartmann hat den Präsidenten des Bayerischen Bauernverbands, Walter Heidl, zu einem grundlegenden Politikwechsel aufgefordert. "Es ist Zeit für einen Neuanfang, der sich am Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen ebenso orientiert wie an der Tatsache, dass die Bauern ein gutes Auskommen brauchen", schreibt Hartmann in einem offenen Brief an Heidl. Dies sei kein Widerspruch, sondern bedinge einander. Für die Landwirtschaft gelte noch mehr als für andere Bereiche der Wirtschaft, dass sie nicht auf Dauer gegen die Umwelt arbeiten könne, sondern nur mit ihr. Und wie die Industrie oder das Dienstleistungsgewerbe bräuchten die Bauern eine wirtschaftliche Perspektive.

Anlass für Hartmanns Brief ist die aktuelle Hitzeperiode, wegen der die Bauern und ihre Funktionäre nach Milliarden-Hilfen des Staats rufen. Für Hartmann ist die Hitzeperiode - ebenso wie die anhaltende Nässe im vergangenes Jahr - ein Zeichen des Klimawandels mit all seinen negativen Folgen: Hitze und Trockenheit, Starkregen und Überschwemmungen. Kaum eine Bevölkerungsgruppe erfahre diese Veränderungen so unmittelbar wie die Bauern, schreibt Hartmann. Zugleich aber sei "die Art, wie wir hierzulande Landwirtschaft betreiben einerseits für die Klimaveränderungen mitverantwortlich und andererseits die Ursache dafür, dass die Agrarwirtschaft in der Bevölkerung keinen besonders guten Ruf genießt". Als Beispiele führt Hartmann den Ausstoß der Klimagase Methan durch die Tierhaltung und Lachgas aus dem Mineraldünger-Einsatz an. Außerdem kritisiert Hartmann den Umgang mit Nutztieren und "die ausufernde Verwendung" von Pestiziden. "Die Situation ist verfahren und kennt fast nur Verlierer", schreibt Hartmann. Deshalb brauche es den von ihm geforderten Neuanfang.

Der Chef der Freien Wähler, Landwirt Hubert Aiwanger, hat umgehend reagiert. "Die Landwirtschaft wird immer häufiger öffentlich angegriffen und für alles Mögliche verantwortlich gemacht", erklärt Aiwanger. "Dabei finden viele Betriebe keinen Nachfolger mehr, es herrscht Endzeitstimmung in der bäuerlichen Landwirtschaft." Deshalb könnten die Bauern "den Vorwurf überhaupt nicht brauchen, auch noch für den Klimawandel verantwortlich zu sein". Denn dann gäben bald "die letzten Landwirte in Bayern" auf. Wer das nicht wolle, sagt Aiwanger, müsse die Landwirte wertschätzen, statt sie "an den Pranger zu stellen".

© SZ vom 06.08.2018 / cws - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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