Zwischen Müllbergen, Spinnweben, zentimeterdickem Staub und Tierkadavern hat die Polizei in einem Haus in Nürnberg die Leiche einer älteren Frau gefunden. Die 78-Jährige lag nach Angaben eines Polizeisprechers vom Mittwoch bereits "seit längerem" tot in ihrer Doppelhaushälfte. Ihre 53 Jahre alte Tochter hielt sich ebenfalls in dem Haus auf und wurde aufgrund ihres psychischen Zustands in eine Fachklinik gebracht.
Nachbarn hatten die 78-Jährige bereits am Montag als vermisst gemeldet, weil sie diese seit längerem nicht gesehen hatten. Daraufhin gingen die Beamten in die Doppelhaushälfte, fanden dort in dem ganzen Müll zunächst jedoch nur die Tochter. Das Haus war derart verwahrlost und verdreckt, dass eine weitere Suche für die Einsatzkräfte aus hygienischen Gründen unzumutbar war. Daher kamen die Retter am Dienstag mit Schutzkleidung wieder und fanden schließlich die Leiche der 78-Jährigen in einem Zimmer. Nun wird mit der Staatsanwaltschaft geklärt, ob diese eine Obduktion anordnet.
Fotografie: Messie-Haushalte:Aufwachsen in Müll und Dreck
Wie wachsen Kinder auf, deren Eltern am Messie-Syndrom leiden? Der Fotograf Geoff Johnson hat sich dafür nach 20 Jahren in das Haus seiner Mutter gewagt.
Auch zahllose tote Tiere lagen überall herum. Der Tierschutzverein berichtete: "Schon bei Betreten des Gartens stockte den Mitarbeitern der Atem - mehrere tote Kaninchen im ganzen Garten verteilt." Von einigen Tieren waren nur noch die Skelette übrig. Die Helfer mussten sich durch Berge von Müll kämpfen und unerträglichen Gestank ertragen. Sie sprachen von einem "Horrorfund".
Die Feuerwehr hatte zunächst die Eingangstür öffnen und frei räumen müssen, damit die Helfer überhaupt ins Haus kamen. 20 Kaninchen und zwei Tauben konnten die Tierschützer schließlich retten und ins Tierheim bringen. Die Tiere seien jedoch in "einem katastrophalen Zustand" - sie hätten Kaninchenschnupfen, verkrustete Nasen und verklebte Augen. Für ein hochträchtiges Kaninchenweibchen kam die Hilfe zu spät.
Die Tierrettung war bereits zum dritten Mal in dem Haus. Trotz Tierhalteverbot habe die 78-Jährige immer wieder Kleintiere angesammelt, berichtete der Verein. Dieses Phänomen ist auch als "Animal Hoarding" (Tierhortung) bekannt - es ähnelt dem sogenannten Messie-Syndrom. Dennoch habe weder der Tierschutzverein noch das Ordnungsamt bisher eine Möglichkeit gehabt, in das Haus rein zu kommen.
"Messies" (abgleitet vom englischen "mess" für Unordnung) sind Menschen mit Organisationsproblemen. Oft geht die Erkrankung mit sozialer Inkompetenz und Zwangsstörungen oder ADHS einher. Die Betroffenen können sich von nichts trennen, sie behalten sämtlichen Abfall sowie kaputte Möbel und defekte Geräte.