Nürnberg:Maly moderiert, Söder sucht Streit

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Ulrich Maly und Markus Söder könnten unterschiedlicher nicht sein. Der Nürnberger Oberbürgermeister bindet alle ein - das treibt den CSU-Bezirkschef zur Weißglut.

Olaf Przybilla, Nürnberg

Jetzt würde man erwarten, dass Ulrich Maly ein Problem hat. Der Oberbürgermeister von Nürnberg hat mindestens einen Wahlkampf mit der Forderung bestritten, der Flughafen in Nürnberg brauche dringend eine direkte Anbindung an die Autobahn. Maly hat sich in den acht Jahren seiner Amtszeit in Szene gesetzt als ein Sozialdemokrat, der die Wirtschaft versteht und der eine Duz-Beziehung pflegt zum Chef der örtlichen Handelskammer.

Jetzt aber steht er vor 70 Nürnberger Stadträten und soll einen Beschluss der SPD-Basis erklären, der darauf hinausläuft, in Sachen Flughafen-Zubringer die nächsten drei Jahre einfach mal abzuwarten. Politikverweigerung könnte man das nennen, und die CSU nennt das auch so.

Malys Ausgangssituation ist also denkbar ungünstig in diesem Moment. Er, der Aufsichtsratsvize der Flughafen-Gesellschaft, muss für einen Beschluss werben, der das genaue Gegenteil von einem Beschluss ist. Und er soll kämpfen für eine "Denkpause", von der die CSU sagt, dahinter verberge sich nicht etwa eine Pause fürs Denken - sondern vom Denken.

Maly ergreift das Wort nach der Brandrede des Wirtschaftsreferenten von der CSU. Der hat leichtes Spiel, den Antrag Malys und seiner Sozialdemokraten als Blindflug zu geißeln. Maly greift zu einem Trick. Er sagt: "Natürlich kann man sagen, auf so was wie eine Denkpause können auch nur Sozis kommen."

Nach einigen Selbstanklagen und Schnoddrigkeiten mehr hat Maly nicht nur die Lacher, sondern auch die Stadträte auf seiner Seite. Man sieht CSU-Leute, die ihr Gesicht unterm Tisch verbergen, um nur nicht öffentlich über die Bonmots des Rathauschefs lachen zu müssen. Am Ende bekommt Maly eine Zweidrittelmehrheit für eine Nicht-Entscheidung.

Es sind diese Momente, die Markus Söder zur Weißglut treiben. Söder hat im April 2008 den CSU-Vorsitz in Nürnberg von Günther Beckstein übernommen. Maly und Beckstein verbindet eine Männerfreundschaft, vom ehemaligen Ministerpräsidenten war kaum ein schlechtes Wort über den SPD-OB zu hören.

Söder und Maly dagegen sind zwei Politiker, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten. Söder hat sich vorgenommen, Maly politisch vor sich her zu treiben. Er wirft Maly vor, viel zu reden und kaum zu handeln. Einen "Moderator" schimpft Söder den Rathauschef mit den hohen Sympathiewerten. Früher, als Angela-Merkel-Schelte in der CSU noch angesagt war, hätte er Maly vermutlich einen "Merkel-Politikstil" vorgeworfen - und hätte damit dessen Methode bemängelt, zu kontroversen Themen möglichst lange möglichst wenig zu sagen.

Söder weiß, dass der Moderatoren-Vorwurf auf Dauer ins Leere zielt. Die Verweigerung der SPD, einen Tunnel unter dem Rollfeld des Flughafens voranzutreiben, kommt ihm daher sehr gelegen. Nürnbergs CSU-Chef setzt derzeit alles daran, die eigenen Leute in der CSU-Stadtratsfraktion auf Konfliktkurs gegen Maly zu bringen.

Einfach ist das nicht, immerhin gehören der Stadtregierung vier CSU-Referenten an. Und immerhin haben die beiden großen Fraktionen in der ersten Amtsperiode Malys in einer Kooperation zusammengearbeitet und haben dieses Bündnis nach der OB-Wahl 2008 erneuert - obwohl Maly seither mit einer rot-grünen Mehrheit im Stadtrat regieren könnte.

Maly bevorzugt gleichwohl ein schwarz-rotes Bündnis, und das nicht nur, weil es sich komfortabler regieren lässt mit großer Mehrheit. Vielmehr müsste der promovierte Volkswirt um seinen Ruf als wirtschaftsfreundlicher Sozialdemokrat fürchten, wenn er mit den Grünen, gar mit der Linken oder den "Guten" regieren müsste.

Es gibt noch ein zweites, weit wichtigeres Verkehrsprojekt in Nürnberg: den Ausbau der A73 im Stadtgebiet - den sogenannten Frankenschnellweg. Bislang ist die Mehrheit für dieses Projekt sicher. Müsste Maly künftig mit den Grünen regieren, wäre er womöglich in dieser Frage auf die Hilfe der CSU angewiesen.

Genau diese Konstellation versucht Söder nun zu befeuern. Im Wahlkampf 2014 könnte er dann zuspitzen: hier die zuverlässige CSU - dort die wirtschaftsfeindlichen Genossen und ihr wankelmütiger OB. Es wäre eine Chance, die kommunalpolitische Situation in Nürnberg zu bereinigen, die für Söder zur Gefahr für die eigene Karriere werden könnte.

Denn gelingt es Söder nicht, bei der nächsten OB-Wahl in Nürnberg mehr als zuletzt 27,4 Prozent auf einen CSU-Kandidaten zu vereinigen, dann wird sich Söder unbequeme Fragen anhören müssen. Vor allem dann, wenn der parteiinterne Konkurrent, Karl-Theodor zu Guttenberg, für die CSU in Oberfranken wieder herausragende Ergebnisse holt - wie zuletzt bei der Bundestagswahl.

Einen ersten Schritt ist Söder inzwischen vorangekommen. In einem Interview mit den Nürnberger Nachrichten hat Maly mit der Suche nach neuen Mehrheiten im Nürnberger Rathaus gedroht, sollte sich die CSU einer Kooperation künftig verweigern. Markus Söder dürfte das mit Vergnügen gelesen haben.

© SZ vom 24.2.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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