Neue Zahlen:Immer mehr Menschen droht Armut im Alter

Lesezeit: 2 min

Eine SPD-Anfrage zeigt, dass Senioren ab 65 Jahren gefährdet sind. Betroffen sind vor allem Frauen

Von Dietrich Mittler, München

Bayern begreift sich selbst als wirtschaftlich florierendes Bundesland, doch für rund 450 000 Menschen im Alter von 65 Jahren an gilt das nicht. Sie sind armutsgefährdet, wie eine Plenumsanfrage der Landtags-SPD an die Staatsregierung ergeben hat. Die am Montag veröffentlichten Zahlen ergeben folgendes Bild: Die Armutsgefährdungsquote bei den Senioren lag im Jahr 2016 - was die Höhe des Einkommens betrifft - bei 17,6 Prozent. Und, wie bei ähnlichen Erhebungen zuvor, zeigt sich auch jetzt einmal mehr: Die Armut in Bayern ist weiblich. Betroffen sind demnach nämlich circa 280 000 Frauen (19,7 Prozent). Bei den Männern ist die Zahl weitaus geringer: Sie liegt bei 170 000 Betroffenen (15 Prozent). Bereits der Sozialbericht der Staatsregierung vom Mai 2017 hatte dieses Ungleichgewicht deutlich herausgestellt.

Auch regional gibt es im Freistaat ein Gefälle, wie aus der Antwort der Staatsregierung hervorgeht. Demnach ist die Armutsgefährdungsquote der Bevölkerung ab 65 Jahren in Unterfranken mit 20,7 Prozent am höchsten. Knapp dahinter folgen Niederbayern mit 20,5 Prozent und die Oberpfalz mit 20,2 Prozent. Im Mittelfeld liegen Schwaben (18,5), Mittelfranken (17,6) und Oberfranken (15). Erwartungsgemäß ist die Armutsgefährdungsquote für ältere Menschen in Oberbayern noch am geringsten. Doch auch dort beträgt sie 12,9 Prozent.

Was Bayerns Wohlfahrtsorganisationen, wie etwa die Caritas, seit geraumer Zeit in ihren jeweiligen Sozialstationen feststellen, bestätigt nun einmal mehr die Antwort der Staatsregierung auf die SPD-Anfrage. Die Gefahr, im Alter zu verarmen, ist in Bayern gestiegen. "Zwischen 2006 und 2016 ist die Armutsgefährdungsquote der älteren Bevölkerung insgesamt um 3,5 Prozentpunkte gestiegen, die der älteren Frauen um 3,9 Prozentpunkte und die der älteren Männer um 3,1 Prozentpunkte", heißt es in der an die SPD-Fraktion gerichteten Antwort.

Für die Staatsregierung sind die durchaus alarmierenden Zahlen jedoch kein sicherer Hinweis darauf, dass die aufgeführten Senioren tatsächlich armutsgefährdet sind. Der Grund: In der Erhebung werde deren Vermögen nicht berücksichtigt, sondern eben nur die Höhe des Einkommens, meist der Rente. Als Indiz dafür nimmt die Staatsregierung, dass der Anteil der älteren Bevölkerung, "die Leistungen der Grundsicherung im Alter bezogen", 2016 mit lediglich 2,7 Prozent weitaus niedriger sei als die nun genannte Armutsgefährdungsquote in Höhe von 17,6 Prozent.

Die Zahlen der Staatsregierung zur Armutsgefährdung orientieren sich am bundesweiten Median - also dem Mittelwert - der "Nettoäquivalenzeinkommen". Unter Letzterem ist die Umrechnung eines Haushaltseinkommens auf die Zahl der Personen im Haushalt zu verstehen. Als armutsgefährdet gilt nun nach diesen Berechnungen, wer weniger als 60 Prozent des Medianeinkommens hat. Für Personen über 65 Jahre liegt es augenblicklich bei circa 1400 Euro, die Armutsgefährdungsschwelle wird folglich bei 840 Euro angesetzt.

Als Reaktion auf die vorliegenden Zahlen forderte die SPD-Sozialpolitikerin Doris Rauscher, ältere Menschen in Bayern verstärkt bei den Alltags- und Lebenshaltungskosten zu entlasten. Zudem müssten die im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vereinbarten Verbesserungen bei der Rente zügig umgesetzt werden. Auch die Freien Wähler im Landtag sehen bei der Altersarmut dringenden Handlungsbedarf. "Ein Kurswechsel in der Alterssicherungspolitik ist zwingend notwendig", forderte Hans-Jürgen Fahn als generationenpolitischer Fraktionssprecher der Freien Wähler.

© SZ vom 17.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: