Naturschutz:Gemeindetag lehnt Volksbegehren ab

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Kommunen halten Abstimmung zu Flächenfraß für verfassungswidrig

Von Christian Sebald, München

Der Bayerische Gemeindetag übt scharfe Kritik an dem Volksbegehren "Damit Bayern Heimat bleibt: Betonflut eindämmen" von Grünen, ÖDP und der alternativen Bauernorganisation AbL. "Das Volksbegehren gehört in die Tonne", sagt der Abensberger Bürgermeister und Präsident des Gemeindetags, Uwe Brandl (CSU). "Es ist eindeutig politisch motiviert, verfassungswidrig und widerspricht jeglicher Praxis in den Gemeinden und Städten." Die gesetzliche Verankerung eines Flächenverbrauchs von durchschnittlich fünf Hektar am Tag, wie ihn Grüne, ÖDP und AbL erzwingen wollen, hält Brandl für "politische Augenwischerei und in der Praxis für undurchführbar". Die Grünen weisen die Vorwürfe zurück. "Eine Höchstgrenze für den Flächenverbrauch ist verfassungskonform", sagt Ludwig Hartmann, Chef der Landtagsgrünen und Sprecher des Volksbegehrens. "Mehr noch: Unsere Verfassung fordert ausdrücklich, mit Naturgütern schonend und sparsam umzugehen. Nehmen Sie die bayerische Verfassung endlich ernst, Herr Brandl!"

Mit der Intervention des Gemeindetags steuert der Streit um den Flächenfraß auf einen neuen Höhepunkt zu. Derzeit werden in Bayern jeden Tag 13,1 Hektar freie Landschaft in Bauland umgewandelt. Aufs Jahr gesehen entspricht das der Fläche des oberbayerischen Ammersees. Bis weit in die CSU hinein halten Politiker deshalb den Flächenfraß für eines der schlimmsten Umweltprobleme im Freistaat. Gemeindetagschef Brandl hält dagegen, "dass Bayerns Stadt- und Gemeinderäte seit jeher verantwortungsbewusst darüber entscheiden, ob, wie und wo im Stadt- oder Gemeindegebiet gebaut werden soll". Diese Planungshoheit zähle zum Kernbestand der kommunalen Selbstverwaltung und sei verfassungsrechtlich garantiert. Eine gesetzliche Begrenzung des Flächenverbrauchs höhle dieses Grundrecht aus und würde in vielen Kommunen zu einem Stillstand führen. "Das würden wir nie akzeptieren", sagt Brandl. "Nur wer die örtlichen Verhältnisse kennt, hat das Recht, über die Gestaltung der Heimat zu entscheiden. Wir brauchen keinen staatlichen Dirigismus von oben, der die Gemeinde- und Stadträte faktisch entmachten würde."

Der Grünen-Politiker Hartmann betonte, dass ihm "die kommunale Selbstverwaltung sehr am Herzen liegt". Allerdings sei die kommunale Selbstverwaltung "kein Freibrief, unsere Heimat zu betonieren und asphaltieren". Außerdem müssten sich die Kommunen auch heute ganz selbstverständlich an Vorgaben halten - zum Beispiel der Verschuldung. Hartmann zeigte sich zuversichtlich, dass die nötigen Unterschriften für eine Prüfung des Volksbegehrens bald beisammen sind. Das Interesse der Menschen an den Infoständen sei "sehr groß".

© SZ vom 15.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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