Naila:Keine Hinweise auf eine Leiche unter der Straße

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Mehr als 30 Jahre nach dem Verschwinden einer damals 18-Jährigen im Landkreis Hof sucht die Polizei nach sterblichen Überresten von ihr. (Foto: Fricke/News5/dpa)

Mehr als 30 Jahre nach dem Verschwinden einer damals 18-Jährigen sucht die Polizei nach sterblichen Überresten von ihr. Sogar eine Straße im Landkreis Hof wird aufgerissen.

Von Olaf Przybilla, Naila

Am späten Abend des 4. November 1986 verschwand die damals gerade 18 Jahre alt gewordene Heike H. aus der oberfränkischen Stadt Naila. Was mit der Frau geschehen ist, konnte sich keiner erklären. Auch die Ermittler nicht. Die junge Frau war einfach weg, ein Verbrechen konnte nicht ausgeschlossen, aber auch nicht nachgewiesen werden. Am Wochenende sind Ermittler nun einem grausamen Verdacht nachgegangen. Wurden die Frau unter der Staatsstraße 2195 zwischen Naila und Lichtenberg einbetoniert? Die Straße wurde auf etlichen Metern aufgerissen. Gegraben wurde unweit vom früheren Wohnort der Frau, von wo sie vor fast 32 Jahren verschwunden ist. Gefunden aber wurde nichts für den Fall Nennenswertes.

Die Ermittler hatten mehrere Gründe angegeben, dort zu suchen. Mithilfe von Bodenradar hätten Geophysiker eine "Bodenanomalie" in der Nähe des Nailaer Stadtteils Marxgrün festgestellt. Zusätzlich habe Ultraschall die Vermutung bestätigt, dass sich im Boden etwas befinden müsse, was Ermittler einen "Störkörper" nennen, womöglich ein Betonblock. Ein speziell trainierter Archäologiehund, für den Geruch alter Menschenknochen ausgebildet, schlug ebenfalls an. Man habe "die relevante Stelle auf wenige Meter eingrenzen" können, sagte Reiner Laib, Leitender Oberstaatsanwalt in Hof. Auch wurde die Straße in jener Zeit gebaut, in der Heike H. verschwunden ist. All dies genügte den Ermittlern nun für einen Eingriff erheblichen Ausmaßes. Allein am Samstag wurde eine Grube mit mehr als drei Metern Tiefe und fünf Metern Breite aufgerissen.

Es gibt sogenannte cold cases, ungelöste Kriminalfälle, für die sich die ganze Republik interessiert. Der Fall Peggy aus Lichtenberg, gerade sechs Kilometer von Marxgrün entfernt und ebenfalls im Kreis Hof gelegen, wird seit Jahren in allen Verästelungen ausgeleuchtet. Über den Fall Heike H. dagegen wissen nicht mal Einheimische viel zu sagen. Sie sei plötzlich einfach nicht mehr da gewesen, sagt einer, der ihre Mutter kennt, die aus Selbitz stammt. Man habe sie "verschleppt", vermuteten die einen. Die anderen glaubten, die Frau habe mit 18 Jahren, als Volljährige also, schlicht das wahr gemacht, was sie mitunter angekündigt haben soll: dass sie sobald als möglich wegwolle aus der Region. Einen offenkundigen Makel hatte diese Theorie freilich immer, das wussten auch die Ermittler: Geht jemand wortlos - und meldet sich dann mehr als 30 Jahre lang nicht mehr?

Wenn einer weiß, wie sehr eine Region mit einer Causa fiebert, so ist es der Leiter der Lokalredaktion einer Heimatzeitung. Sören Göpel verantwortet diese bei der Frankenpost. Der Vermissten-Fall war lange vor seiner Zeit, Göpel aber hat frühere Kollegen und Polizisten aus Naila angezapft. Erinnern konnte sich kaum einer; dass der Fall "größere Wellen" geschlagen hätte, schließen sie aus. Die Frau war eben fort, aus freien Stücken oder nicht, das wusste keiner zu sagen. Bald geriet die Causa in Vergessenheit, bis sich die Ermittler 2017 erneut daran setzten, um diesen rätselhaften Vermissten-Fall aufzuklären.

Vorläufig vergebens. Zwar wurde im Boden ein zwei Meter langer Betonklotz entdeckt, wohl zur Stabilisierung von Rohren. Keine Spur aber von Heike H. Man werde die Ermittlungen fortsetzen, sagt Polizeisprecherin Anne Höfer.

© SZ vom 01.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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