Nachwuchs-Journalisten:Von Anerkennung bis Zensur

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Rund um die Welt gibt es Kinder und Jugendliche, die Schülerzeitungen, gedruckt wie digital, machen. Nicht alle dürfen ihre Themen selbst bestimmen. Anders als die Teilnehmer beim Blattmacher-Wettbewerb

Von Birte Mensing und Ekaterina Venkina, München

Die beste Kinderausgabe Russlands: die Schülerzeitung Antirutin (Foto: oh)

Der erste gedruckte Text - aufregend. Und dann liest ihn die ganze Schule - Freunde, Lehrer, Eltern. Wer schreiben will, macht die ersten Versuche oft bei einer Schülerzeitung. 1000 Redaktionen an Schulen gibt es in Bayern. Die besten Nachwuchsjournalisten zeichnet die Süddeutsche Zeitung seit 13 Jahren mit dem Kultusministerium im Schülerzeitungswettbewerb Blattmacher aus. Die bayerischen Sieger räumen auch bundesweit regelmäßig Preise ab, schon seit 100 Jahren gibt es hier Schülerzeitungen. Aber wie sieht es anderswo aus? Eine Reise um den Globus.

Europ a - Großbritannien

Auf der Insel sind sie uns voraus. Dort zeichnet eine Stiftung nicht nur Schülerzeitungen - gedruckt und digital-, sondern seit diesem Jahr auch Schulpodcasts aus. 2017 gewann The Knights Templars School den Online-Preis, weil sie nicht nur ihre Schülerzeitung komplett ins Netz verlegt hat, sondern auch weil der Chefredakteur Bill Bowkett Youtube-Videos und einen Podcast eingeführt hat. Die Jury würdigte ihn als "Herausragendsten Schüler".

Asien - Russland und China

Antirutin ist die einzige Schülerzeitung in Russland, die von sehbehinderten Kindern produziert wird. (Foto: oh)

Die Schulzeitung Antirutin (auf Deutsch Gegenroutine) wurde 2016 als die beste Kinderausgabe Russlands ausgezeichnet. Sie ist dort die einzige Schülerzeitung, die von sehbehinderten Kindern produziert wird. Als Motto haben die jungen Journalisten ein Zitat des französischen Philosophen Blaise Pascal gewählt: "Es ist Licht genug vorhanden für die, die glauben wollen, und Dunkelheit genug für die, die nicht glauben wollen." Seit 2003 schreiben die Schüler in Rostow am Don im Süden des Landes gegen die Langeweile an. Es darf lustig zugehen, solange Politik keine Rolle spielt. Anders als zur Sowjetzeit. Da war es ein Muss, Sonderausgaben zum Tag der Arbeit oder zum Jahrestag der Oktoberrevolution zu veröffentlichen. In China sind die Themen heute noch vorgegeben. Im Eingangsbereich der Schule stehen Stellwände, großflächig, voll mit handschriftlichen Zetteln. Die Artikel der Wandzeitung wechseln wöchentlich, die Lehrer bestimmen, worum es geht und was aufgehängt wird, erzählt eine Schülerin aus der Autonomen Region Xinjiang. In anderen Teilen Chinas gibt es auch gedruckte Hefte, in denen Schüler über Freundschaft, Familie und Mode schreiben. Doch nur die wenigsten können unter dem enormen Leistungsdruck an den Schulen Zeit entbehren, um Texte nur zum Spaß zu schreiben, sagt Arian Schül, der ein Jahr dort unterrichtet hat.

Australien

Thomas Loveday ist zum Studieren nach Deutschland gekommen. In seiner Schulzeit in Australien ist er viel umgezogen. Doch an keiner der sechs Schulen, die er besuchte, gab es eine Schülerzeitung. "Bildung ist bei uns sehr formal, geregelt und uniformiert. Ich denke, Lehrer haben Angst vor der Kritik der Schüler", so Loveday. An drei Eliteschulen in Australien veröffentlichen Schüler aber doch eine eigene Zeitung, oder dürfen zumindest einen Teil des monatlichen Schulbriefes verfassen.

Afrika - Kamerun und Südafrika

Der junge Journalist Blaise Mbu ist in Bamenda, im englischsprachigen Teil Kameruns, ohne Schülerzeitung aufgewachsen. "Eine Zeitung drucken bedeutet, dass man Geld ausgeben muss", sagt er. Die Kinder seien nicht bereit, Geld für Informationen auszugeben. Schon das Material für den Unterricht könnten manche Schüler nicht finanzieren, an Geld für eine Zeitung sei da nicht zu denken. In Südafrika hingegen sind Schülerzeitungen ein Medium, um sich zu vernetzen und zu kritisieren. An der Alexandra High School in Pietermaritzburg erscheint vierteljährlich die Zeitschrift Talex und berichtet über Ungerechtigkeiten, Mobbing und Schulaktivitäten.

Südamerika - Mexiko

In wenigen lateinamerikanischen Ländern sind Schülerzeitungen üblich. Trotzdem gibt es welche. Und zwar auf Deutsch. Deutsche Schulen oder Deutsch-Lern-AGs veröffentlichen Texte und vernetzen sich über eine Initiative des Auswärtigen Amts für Schulen, an denen Deutsch unterrichtet wird (kurz: Pasch). So in Guadalajara in Mexiko. Dort haben 2013 Schüler aus Mexiko, Panama, Costa Rica und Guatemala eine Zeitschrift gegründet. Die Redaktion traf sich einmal im Jahr. Sie lernten, Videos zu drehen und Texte der anderen zu kritisieren. Ihre Artikel präsentieren sie auf der Internetseite von Pasch.

Nordamerika - USA

Schülerzeitungen gibt es in den USA an vielen High Schools, auch weil es eigene Internetprogramme für die Produktion gibt. Oft werden in den Heften politische Themen behandelt. Beste Schülerzeitung wurde 2017 die CS Press aus dem Bundesstaat Arizona. Die Ausgabe titelte mit einer Geschichte über das lokale Dream Center, in dem Opfer von Menschenhandel betreut werden. Die Chefredakteurin Keira Riley will später als Journalistin arbeiten. In ihrem jüngsten Text porträtiert sie mit einer Kollegin ihre Englischlehrerin, die 2018 bei den Senatswahlen antritt.

Das Auswärtige Amt unterstützt weltweit Schülerzeitungen. (Foto: oh)

Auch 2018 können Blattmacher von Print- und Online-Schülerzeitungen an Grund-, Mittel-, Förder- und Realschulen sowie Gymnasien und beruflichen Schulen am Blattmacher-Wettbewerb teilnehmen. Einzusenden sind fünf Exemplare einer Ausgabe, die zwischen September 2017 und 15. Juni 2018 erschienen ist. Bei Online-Schülerzeitungen genügt der Teilnahmebogen. Es werden drei Print-Sieger jeder Schulart sowie schulartübergreifend drei Onlinezeitungen ausgezeichnet und zur Siegerehrung Mitte Juli 2018 nach München eingeladen. Einsendeschluss: Freitag, 15. Juni 2018. Es gilt das Datum des Poststempels. Infos: sz.de/blattmacher.

© SZ vom 18.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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